Als 1948 die ersten Volkswagen in die Schweiz kamen, war Bob Hilpertshauer (91) Lehrling bei der AMAG. Bei einem Treffen mit der aktuellen Lernenden Noemi lässt er im Oldtimer-Schaulager der AMAG vergangene Zeiten aufleben.

Bob Hilpertshauer erinnert sich noch genau an den Moment, als er das erste Mal vor einem VW Käfer stand. 1948, in seinem dritten Lehrjahr bei der AMAG und kurz nachdem die ersten Exemplare in die Schweiz gekommen waren, begutachteten er und seine Kollegen in der Werkstatt neugierig, aber auch kritisch das ungewohnte Fahrzeug.

«Er war komplett anders als die amerikanischen und englischen Autos, die damals bei der AMAG in Zürich verkauft und repariert wurden», sagt der heute 91-Jährige. Den Motor im Heck, luft- statt wassergekühlt, Bremsen mit Stahlseilen, lediglich eine Anzeige für die Geschwindigkeit – «der Käfer war konsequent simpel-einfach, was schlussendlich wohl auch das Geheimnis seines Erfolgs war.» 

75 Jahre später steht Bob Hilpertshauer im Schaulager der AMAG wieder vor einem Käfer. An seiner Seite Dino Graf, Kommunikationschef der AMAG Gruppe sowie Verantwortlicher der historischen Fahrzeugsammlung. Komplettiert wird die Runde von Noemi, die im ersten Lehrjahr als Mechatronikerin steht und gebannt den Erzählungen ihres Vorvorgängers lauscht.

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In der rund 120 Fahrzeuge grossen Sammlung der AMAG befinden sich wichtige und prägende Modelle des Volkswagen Konzerns, die im vergangenen Dreivierteljahrhundert den Weg in die Schweiz gefunden haben. Knapp 30 davon sind im Schaulager ausgestellt. Darunter auch der letzte Käfer, der hierzulande verkauft wurde – er trägt das Nummernschild 320 637, was genau der Anzahl aller bis 1983 importierter Käfer entspricht. Oder das Karmann Ghia Coupé «Montage Suisse», eines von 1098 Exemplaren, die Ende der 50er-Jahre bei der AMAG in Schinznach-Bad gebaut wurden. Nicht fehlen darf auch ein Exemplar des T1 Transporters, der ab 1952 das Schweizer Gewerbe mobil machte.  

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Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sämtliche Hersteller mit der Materialqualität zu kämpfen. So auch Volkswagen beim Käfer und dem Transporter. Oder wie es Bob Hilpertshauer ausdrückt: «Alles konnte kaputtgehen. Aber ebenso einfach repariert werden.» Die AMAG arbeitete deshalb eigenständig an qualitativen Verbesserungen – die nicht selten später vom Werk übernommen wurden. Zu den Schweizer Entwicklungen gehörten etwa eine leistungsstärkere Heizung beim Käfer oder ein besserer Rostschutz für die Nachfolgemodelle.

Viel Wert wurde seit Importbeginn auf den Kundenservice gelegt. Und da kommt wieder Bob Hilpertshauer ins Spiel. Nach einer Weiterbildung zum Automobilingenieur wurde er in jungen Jahren Kundendienstleiter der AMAG. Unter seiner Ägide führte das Unternehmen beispielsweise die kostenlose Autowäsche nach einem Service ein und lancierte die Mobilitäts-Garantie im Pannenfall. In Zusammenarbeit mit dem Ersatzteilelager entstanden ein umfangreiches Reparaturteile-Austauschprogramm sowie ein Konzept der Winter-/Sommer-Räder-Einlagerung, aus dem sich die heutigen Räderhotels entwickelten. Massgeblich beteiligt war Bob Hilpertshauer auch beim Aufbau des Ausbildungszentrums in Schinznach-Bad, der heutigen AMAG Academy.  

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Bei unserem Rundgang im Schaulager sind wir inzwischen bei einem grünen Golf I angekommen. Zusammen mit dem Passat, dem Polo und dem Scirocco – der sogenannten Wind-Generation – hat er die Marke Mitte der 70er-Jahre wieder in die Erfolgsspur zurückgebracht. Sie waren die ersten Modelle von Volkswagen mit Frontmotor, Vorderradantrieb und Wasserkühlung.

Es sind auch die Autos, die die Augen von Noemi zum Leuchten bringen. «Der Käfer ist mir zu rund, die ersten Golf und Scirocco finde ich aber mega», sagt die 21-Jährige, die über Umwege in der Branche gelandet ist. Sie machte zuerst eine Ausbildung als Bekleidungsgestalterin, um bald festzustellen, dass sie von Autos viel mehr fasziniert ist als von Kleidern. Mit der Mechatroniker-Lehre bei der AMAG Schinznach-Bad ist sie nun glücklich und freut sich, dass «ich bereits im ersten Lehrjahr selbstständig Arbeiten erledigen darf».

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Neben dem Golf I steht im Schaulager ein bunt foliertes Exemplar, das ein echter Exot ist: 1991 rüsteten Volkswagen, AMAG und die ETH für einen Flottenversuch 20 Golf II Hybrid mit einem kombinierten Diesel- und Elektroantrieb aus. «Dieses Auto ist ein gutes Beispiel dafür, wie Volkswagen immer wieder neue Technologien testete. Es schaffte es zwar nicht in die Serie, dafür aber andere, wie der Lupo 3L TDI von 1999, das erste Dreiliter-Auto der Welt, den wir ebenfalls in der Sammlung haben», sagt Dino Graf.

Zum Abschluss versammelt sich die Gruppe vor einem Auto, das nicht Teil der Ausstellung ist: einem vollelektrischen ID.5, mit dem Dino Graf heute zum Schaulager gefahren ist. Bob Hilpertshauer begutachtet das Mitglied der ID. Familie von Nahem und ist entsprechend beeindruckt. «Wenn man den Käfer neben den ID.5 stellt, wird einem erst richtig bewusst, wie rasant sich die Technik und die Fahrzeuge in den vergangenen 75 Jahren entwickelt haben.»   

 

Fotos: Christof René Schmidt

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