1. Ausbildungsniveau, noch nie so hoch wie heute
Über die Hälfte der heutigen Hochschulabsolventen in der Schweiz sind Frauen. Mit der Generation der Millenials ist der Anteil an hochqualifizieren erwerbstätigen Frauen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, noch nie so hoch wie in diesen Tagen. Sie besetzen mehr Plätze in den Talentpools von Unternehmen als alle Frauen in den Generationen davor. Bereits nächstes Jahr 2020 werden weibliche Millenials rund 25% des globalen Personalbestandes ausmachen . Eigentlich eine optimale Voraussetzung, weshalb man annehmen dürfte, diese Population würde sich auch im Arbeitsmarkt in den entsprechenden Kaderpositionen wiederfinden. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Situation, zeigt sich die Lage etwas anders:
Trotz vieler Bemühungen ist der Frauenanteil in Geschäftsleitungen in den letzten Jahren nur wenige Prozent-Punkte gestiegen (2016 6%; 2017 8%, 2018 7%, 2019 9%). Auch in den Verwaltungsräten verzeichnen wir zurzeit einen Frauenanteil von eher mageren 21%. Möchte man das Ziel von 30% weiblichen Verwaltungsrätinnen bis 2022 erreichen, müsste ab sofort jede freie Verwaltungsrats-Vakanz mit einer Frau besetzt werden – ein sportliches Vorhaben. Aber woran liegt dieses Ungleichgewicht in den Chefetagen?
2. Gleiche Voraussetzungen, gleiche Chancen?
Obwohl in den letzten Jahren der Anteil der am Arbeitsmarkt teilnehmenden, top ausgebildeten Frauen stetig gestiegen ist, sind es immer noch mehrheitlich Frauen, die Teilzeit arbeiten. Denn, steht die Familienplanung an, ist es heute immer noch mehrheitlich die Frau, welche sich eher dem Familienmanagement widmet und sich für ein Teilzeitpensum entscheidet. Anteilsmässig sind es knapp 60% der Frauen und nur ca. 20% der Männer, welche teilzeiterwerbstätig sind . Die Teilzeitarbeit scheint somit immer noch ein typisches Merkmal der weiblichen Erwerbsarbeit zu sein.
Was bewegt jedoch dazu, sich schlussendlich für ein Teilzeitpensum zu entscheiden? Nebst den bereits erwähnten traditionellen Vorstellungen ist gemäss Studien ebenso die Kompensation der grossen beruflichen Beanspruchung des (Ehe-)Partners ein Grund dafür. Die Strukturen des Schweizer Kinderbetreuungssystems (z.B. Kosten für KiTa Plätze, Betreuungsmöglichkeit über Mittag) trägt ebenfalls zu dieser Challenge bei, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Mit diesem Wissen erstaunt es auch nicht, dass rund zwei Drittel der unbezahlten Arbeit (Kindererziehung, Betreuung Angehöriger, Haushaltstätigkeiten) von Frauen verrichtet werden. Das traditionelle Rollenbild überwiegt somit nach wie vor. Mitunter ein Grund für die fehlenden Frauen in den Kaderpositionen? Es ist anzunehmen.
Ein Teilzeitpensum ist aber natürlich längst nicht der einzige Faktor, der den Frauenanteil in Kaderpositionen beeinflusst. Weitere Voraussetzungen sind massgebend, um Frauen in Managementpositionen zu (be-)fördern.
3. Rahmenbedingungen als matchentscheidendes Kriterium
Während es die Aufgabe der Politik ist, die richtigen Rahmenbedingungen für Geschlechtergleichheit und Diversität zu schaffen, liegt es in der Verantwortung der Unternehmen, diese so in die Praxis umzusetzen, dass sie auch gelebt werden können.
Die Schweiz kennt zwar keine gesetzliche Frauenquote. Durch selbstgesetzte Quoten oder aber das frei zugängliche Handelsregister sind die Entwicklungen gut nachvollziehbar. Würden aber gesetzlich festgelegte Quoten allein den gewünschten Effekt herbeiführen? Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle für ein erfolgreiches Work-Life Balance Konstrukt? Welche Bedürfnisse müssen im Unternehmensumfeld speziell berücksichtigt werden?
Ansätze für ein Unternehmen könnten sein:
- Zeitliche Flexibilität: Die Möglichkeit für Mitarbeitende Gleitzeit in Anspruch zu nehmen und azyklisch zum altbekannten «8 to 5»-Rhythmus zu arbeiten.
- Mobiles Arbeiten: Die Möglichkeit für Mitarbeitende von zu Hause aus oder aus anderen Räumlichkeiten (z.B. Co-working spaces, von unterwegs) zu arbeiten.
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Die Möglichkeit für Mitarbeitende das Arbeitsmodell, abgestimmt auf die aktuelle Lebenssituation, anpassen zu können. Sei es die Kompensation von Pensum und Ferienbezug (Pensumsreduktion wird in Form von Ferien bezogen) oder beispielsweise das Arbeiten eines bestimmten Pensums innerhalb von wenigen Tagen (70% Pensum wird innerhalb von 3 statt 3 ½ Tagen gearbeitet)
- Teilzeitarbeit: Die Möglichkeit für Mitarbeitende in einem Teilzeitpensum zurückzukehren, wenn dies aus betrieblicher Sicht möglich gemacht werden kann. Jobsharing, Jobrotation oder eine temporäre interne Verschiebung (bis ein höheres Pensum wieder möglich ist) sind einige der Möglichkeiten, welche diesen Ansatz unterstützen.
- Fringe Benefit KiTa: Als möglichen Benefit kann die finanzielle Unterstützung von KiTa-Gebühren in Betracht gezogen werden.
4. Welchen Beitrag leistet die AMAG in diesem Kontext?
Hier sind einige Beispiele, wie sich die AMAG mit verschiedenen Massnahmen und Initiativen dafür stark macht:
4.1 Analyse der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen
Die AMAG führte im Jahr 2017 eine Lohngleichheits-Analyse des eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann durch. Die Einhaltung der Lohngleichheit, im Sinne von «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit» und unter den vom Bund gegebenen Voraussetzungen zur Einhaltung der Lohngleichheit, wird bei der AMAG erfüllt. Das heisst, es bestehen keine nicht-erklärbaren Unterschiede bei der Entlöhnung zwischen Mann und Frau. Die jahrelange konsequente Analyse der Gehälter und die geschlechtsneutrale Funktionsstufenbewertung sind bewährte Tools, um diesem wichtigen Punkt gerecht zu werden.
4.2 Flexible Arbeitszeitmodelle
Die AMAG bietet, wo möglich, den Mitarbeitenden flexible Arbeitszeitmodelle an. Es ist dem Unternehmen ein Anliegen, die Mitarbeitenden zu halten und die individuellen Lebenssituationen möglichst zu berücksichtigen. Dies beinhaltet beispielsweise Teilzeitpensen in unterschiedlichen Ausprägungen und Varianten.
4.3 Teilnahme Erhebung durch pro familia
Die AMAG wird im ersten Quartal 2020 an der Erhebung des Family Score teilnehmen. Durch diese Erhebung soll aufgezeigt werden, welche Kriterien für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausschlaggebend sind. Die Resultate der Umfrage geben der AMAG wiederum Inputs und Erkenntnisse, welche Massnahmen erarbeitet werden müssen, um berufstätigen Eltern eine gute Balance zwischen Familie und Beruf ermöglichen zu können.
4.4 Mobiles Arbeiten
Im Zeitalter der Digitalisierung und flexiblen Arbeitszeitgestaltung ist das mobile Arbeiten auch in der AMAG ein brisantes Thema. Just im Juli 2019 wurde ein neues Reglement für das mobile Arbeiten erstellt, welches den Mitarbeitenden die Flexibilität ermöglicht, auch an anderen Orten als im Büro zu arbeiten. Sei es im Homeoffice, an anderen Standorten oder in Kombination mit azyklischem Fahren beim Arbeitsweg.
4.5 Überobligatorischer Mutterschaftsurlaub und Bezahlung
Die AMAG bietet ihren Mitarbeiterinnen einen überobligatorischen Mutterschaftsurlaub von gesamthaft 16 Wochen zu einer 100%-igen Bezahlung des bisherigen Lohnes. Gesetzlich wären es 14 Wochen zu 80%.
4.6 Vaterschaftsurlaub
Die AMAG ist immer bestrebt, politische und gesellschaftliche Strömungen aufmerksam zu verfolgen und, wo Bedarf besteht, diese auch aufzunehmen. Daher beschäftigt sich die AMAG zurzeit, wie viele andere Unternehmen auch, mit Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Vaterschaftsurlaubes.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der «tone from the top». Nur wenn Massnahmen auch von der Geschäftsleitung getragen werden, können die gesetzten Ziele nachhaltig im Unternehmen umgesetzt werden. Die AMAG hat mit Morten Hannesbo (CEO AMAG Group AG) mit Helmut Ruhl (CFO AMAG Group AG) zwei klare Befürworter von Initiativen, welche Frauen im Berufsleben fördern und sie nach einer Auszeit wieder in die Arbeitswelt zurückführen.
«Diversität am Arbeitsplatz stärkt die Kultur, erhöht nachhaltig die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und macht die Entscheidungsprozesse ganzheitlich. Dank meiner Arbeitserfahrungen in verschiedenen Ländern konnte ich die Vielfalt im Arbeitsalltag auf unterschiedliche Weise kennenlernen. Diversität ist wichtig, deshalb fördere ich sie aktiv.»
«Ich hatte das Privileg in vielen Ländern arbeiten und die Vorteile von Diversität erleben zu dürfen. Ein Team aus Männern und Frauen hat ein klar höheres Potential, und das gilt für alle Funktionen.»