Die Idee entsprang aus der Not. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatten Volkswagen und Porsche mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Das elegante Coupé Karmann Ghia von VW war definitiv in die Jahre gekommen. Trotz robuster Technik war es aber nicht wirklich sportlich und der „grosse“ Karmann, auf Basis des VW 1500, konnte nie an diesen Erfolg anknüpfen. Porsche hingegen hatte mit dem neuen 911 einen richtigen Sportwagen entwickelt, einen sportorientierten Nachfolger für den ebenfalls betagten 356. Aber in der Summe seiner Eigenschaften – und vor allem durch seinen hohen Preis – war der neue Elfer weit weg von seinem Vorgänger. Für viele Kunden war der Wechsel auf den Elfer kaum mehr möglich. So fehlte es beiden Unternehmen an einem preiswerten, sportlichen Fahrzeug.
Der Grundstein zum VW Porsche 914 wurde mit einem Gespräch zwischen Prof. Heinrich Nordhoff, Generaldirektor der Volkswagen AG, und Ferry Porsche gelegt. Man einigte sich, dass es doch von Vorteil wäre, wenn man Synergien nutzen könnte. Die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen war seit Jahrzehnten erfolgreich. Porsche hatte (neben der Käferentwicklung) im Laufe der Jahre viele Volkswagen-Projekte und Detailverbesserungen (mit-)entwickelt.
Per Handschlag wurde das Projekt besiegelt. Porsche sollte den Entwicklungsauftrag erhalten. Der Neue sollte bei Karmann in Osnabrück gebaut werden. Als technische Basis war der 4-Zylinder-Boxer der neu geplanten Modellreihe 411 vorgesehen. Ebenfalls wurde Porsche das Recht eingeräumt, eine eigene Variante mit Porsche-Motor zu entwickeln.
Modernste Technik
Mit dem Auftragsbeginn im Jahr 1966 sind bei Porsche die ersten Projektskizzen entstanden und Überlegungen zur Technik wurden angestellt. Porsche hatte bereits Erfahrung mit Mittelmotorfahrzeugen. Zudem führten schärfere amerikanische Sicherheitsstandards zu neuen Lösungen im Falle eines Crashs. Der Vorteil des Mittelmotors besteht darin, dass der Bug und das Heck die Crashenergien besser aufnehmen können, da kein massiver Motorblock die Energien an den Innenraum weitergeben kann. Das Design des VW Porsche 914 war für die damalige Zeit sehr modern und provokativ, doch – das zeigten die Messungen – trotz Ecken und Kanten sehr aerodynamisch. Der cw-Wert betrug 0,37 und die (geöffneten) Klappscheinwerfer veränderten den Luftwiderstand kaum.
Das Mittelmotorkonzept brachte aber nicht nur mehr Sicherheit. Es ermöglicht auch ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten und hohe Kurvengeschwindigkeiten– aber mit einem sehr schmalen Grenzbereich. Wurde die Haftgrenze überschritten, folgte unweigerlich der Abflug.
Für das sportive Fahrvergnügen sorgte weiter eine McPherson-Vorderradaufhängung analog zum 911, eine für den 914 eigens entwickelte Schräglenkerhinterachse sowie eine ausgewogene Gewichtsverteilung von 48% vorn zu 52% hinten.
Vom Wunschkind zum Zankapfel
Soweit wurde das Paket als gut befunden und am 2. September 1967 erfolgte der Startschuss für eine Produktion. Eine Vorgabe war, dass möglichst viele Teile von VW verwendet werden. Das Projekt schien auf einem guten Weg zu sein. Doch der plötzliche Tod von Prof. Nordhoff im Frühjahr 1968 veränderte die Situation. Sein Nachfolger Kurt Lotz akzeptierte die vorherige, mündliche Vereinbarung nicht. Viel lieber hätte er die ganze Porsche KG der Volkswagen AG einverleibt. Vor allem aber war er nicht einverstanden damit, dass Porsche auch eine eigene Variante als „Porsche 914“ verkaufen wollte. VW wollte den 914 – auch mit Sechszylinder – selber vertreiben. Porsche hingegen konnte das nicht zulassen. Denn damit hätten sie eine direkte Konkurrenz zum eigenen 911 geschaffen, der teurer war – und weniger fahraktiv! Die Situation war verworren und eine Lösung musste her. So wurde die VW-Porsche-Vertriebsgesellschaft gegründet, mit je 50% Kapital und Mitarbeitenden von VW und Porsche.
Als der 914 dann 1969 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) präsentiert wurde, schlug er ein wie eine Bombe – preislich interessant wurde der Vierzylinder zum „Must have“. Angeboten wurde er als 914 mit 1,7 Liter grossem VW-Boxermotor und 80 PS sowie mit dem 2-Liter Porsche-Boxer mit 110 PS. Beide Varianten mit einem 5-Ganggetriebe.
Doch kaum lanciert, wurden die ersten Kritiker laut. So wurde bemängelt, dass der 914/4 halt nur wie ein ordinärer Käfer klingen würde, gleichzeitig war der 914/6 fast so teuer wie ein Elfer – und doch galt er „nur“ als Volkswagen-Porsche oder noch schlimmer als VOPO. Auch das einzigartige Design fand nicht überall Anklang. Der kürzlich verstorbene Luigi Colani meinte, der 914 sei ein „Kohlesack mit Schlafaugen“. Auch die österreichische „auto revue“ fühlte sich „nicht gerade zu Begeisterungsstürmen gedrängt“.
Der Verkaufserfolg jedoch litt nicht unter den kritischen Stimmen. Schliesslich lobten die Autotester das Fahrverhalten des Mittelmotorsportwagens über den grünen Klee. Mit dem Sechszylinder ausgestattet sahen im 914 viele den „Elferkiller“ und eine geeignete Waffe für den Motorsport.
Die erste Nachfrage hat die kühnsten Planungen bei weitem übertroffen und es konnten nicht genügend Fahrzeuge geliefert werden. Der Hauskrach zwischen VW und Porsche war das Resultat. Keiner der Partner wollte schlussendlich für die Fehlplanung verantwortlich sein. Hinzu kam, dass VW das Projekt 266 für einen Käfernachfolger bei Porsche stoppte. Das führte mittelfristig zum grossen Knall. 1973 verkaufte VW seine Anteile an die Porsche KG, dennoch sollte der Vertrieb genau gleich weitergehen.
Vorteil Vierzylinder
Schlussendlich überwog das Interesse am 914/4 deutlich, der 914/6 war preislich zu nahe am Elfer. So begann bereits 1971 und 1972 das schleichende Aus für den Porsche-Sechszylinder. 1973 präsentierte Porsche dann den 914 2.0 mit einem Vierzylinder-Boxermotor, der auf dem 1,7 Liter-Motor basierte und 100 PS leistete. Er überzeugte durch ein günstiges Drehmoment von 157 Nm bei 3500 U/min und geringe Verbrauchswerte. Im selben Jahr wechselte Porsche auch von Chrom auf Schwarz – es zeichnete sich ab, dass im Autodesign Chromteile durch mattschwarze Teile ersetzt würden. Auch beim 914 wurden die Stossstangen durch schwarze Pendants ersetzt.
1974 erfuhr die „kleine“ Variante eine Veränderung. Der Hubraum wuchs auf 1,8 Liter und die elektronisch gesteuerte Einspritzanlage wurde in Europa von einer Zweivergaservariante abgelöst. So leistete der kleine 914 jetzt 85 PS. Mittlerweile zeichnete sich das Ende des 914 am Horizont ab. 1975 beschränkten sich die Veränderungen auf neue Stossfänger, welche die neuen US-Normen erfüllen mussten – mittlerweile waren die USA der wichtigste Markt für den 914. Im Frühjahr 1976 war nach total 115’646 verkauften 914 und 3‘332 verkauften 914/6 Schluss. So war der Porsche 911 bis zur Lancierung des 924, einem ebenfalls von VW in Auftrag gegebenen und dann fallen gelassenen günstigen Sportwagen-Projekt, das einzige Porsche-Modell im Angebot der Zuffenhausener.
Technische Daten
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914/4 1.7 |
914/6 2.0 |
914/4 1.8 |
914/4 2.0 |
Motor |
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Typ/Zylinder |
Boxer, 4 |
Boxer, 6 |
Boxer, 4 |
Boxer, 4 |
Bohrung mm/Hub mm/Hubraum cm3 |
90/66/1679 |
80/66/1991 |
93/66/1795 |
94/71/1971 |
Leistung/U/min |
80 PS/4900 |
110 PS/5800 |
85/5000 |
100/5000 |
Drehmoment/U/min |
133 Nm/2700 |
157 Nm/4200 |
138 Nm/3400 |
157 Nm/ 3500 |
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Höchstgeschwindigkeit |
177 km/h |
201 km/h |
178 km/h |
190 km/h |
0-100 km/h |
13,0 s |
9,9 s |
12,0 s |
10,5 s |
Verbrauch/100 km |
Ca. 8 l |
Ca. 9 l |
7,0 l |
7,8 l |