Die AMAG hat den Family Business Award zu Ehren ihres Gründers und Patrons Walter Haefner ins Leben gerufen, der sich für eine echte und gelebte Firmenkultur eingesetzt hat. Mit der Verleihung des Awards will die AMAG auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen in der Schweiz aufmerksam machen. An der Preisverleihung vom 14. September 2016 hat sich die FRAISA SA gegen die beiden anderen Finalisten Blumer-Lehmann AG aus Gossau SG und Groupe Volet SA aus St-Légier behaupten können und den Preis nach Bellach geholt. Was zeichnet die FRAISA SA als nachhaltig geführtes Unternehmen aus und was bedeutet ihr der Preis? Antworten dazu im Interview mit CEO Josef Maushart.
Die FRAISA wurde 1934 durch Johann Stüdeli gegründet, welcher damals Fräswerkzeuge für die Uhrenindustrie herstellte. Heute ist die FRAISA mit Produktionsstandorten in der ganzen Welt tätig und hat die Produktionsbereiche und auch die Entwicklung stetig ausgebaut. Was zeichnet den Erfolg der FRAISA aus?
Erstens ist die FRAISA trotz ihrer Grösse und den 540 Beschäftigten nach wie vor ein wirkliches Familienunternehmen mit einem ganz starken Bezug zwischen der Führungscrew und der Belegschaft. Ebenso besteht eine starke Bindung zwischen den Ländergesellschaften. Als Zweites ist das Herausragende die Identifikation mit unserem Produkt, welche nicht zufällig ist. Der erste Punkt in unserem Unternehmensleitbild ist denn auch «die Passion für das Produkt» – die Begeisterung für die Zerspanungswerkzeuge. Das Produkt steht im Mittelpunkt und alle unsere Aktivitäten und Dienstleistungen sind danach ausgerichtet. Das ist der rote Faden, an dem sich alles hier in der FRAISA auffädelt.
Sie sind seit 1995 CEO der FRAISA – wie hat sich das Unternehmen seither entwickelt?
Das Unternehmen ist seither viel professioneller geworden und hat sich grössenmässig mehr als verdoppelt. Wir sind internationaler geworden, trotzdem haben wir aber den Charakter als Familienunternehmen beibehalten. In der Zwischenzeit gab es auch grosse technologische Veränderungen. In den 90er Jahren hat der Wechsel von stahlbasierten Werkzeugen hin zu hartmetallbasierten Werkzeugen stattgefunden. Das bedeutet eine vollkommene Veränderung der ganzen Produktionsprozesse. Wer diesen Wandel damals nicht konsequent angegangen ist, ist vom Markt verschwunden. Und die FRAISA hat das zwar spät, aber sehr konsequent angepackt und gehört heute in der neuen Technologie zu den Spitzenunternehmen im Segment der Fräswerkzeuge.
Auch die Wettbewerbsstruktur hat sich in den letzten 20 Jahren massiv verändert: 1995 standen wir im Wettbewerb mit anderen Familienunternehmen – auch global. Denn das Geschäft mit Fräswerkzeugen war ein Geschäft für Mittelstandsunternehmen auf der ganzen Welt. Heute – im Zuge der Globalisierung – hat sich das auch verändert. Die grossen Konzerne haben viel akquiriert und haben ihre Sortimente so vervollständigt, dass sie heute auch unseren angestammten Werkzeugbereich mitabdecken können. Das bedeutet, dass unsere heutigen Mitbewerber zehn- bis zwanzigmal grösser sind als wir. Das ist eine grosse Herausforderung, vor der wir aber nicht Angst haben und glauben, sie bewältigen zu können.
Wie verfolgen Sie dieses Ziel?
Wir behaupten uns, indem wir in unserem Werkzeugsegment sehr fokussiert sind. Wir gehören, was die Technologie und das Sortiment anbelangt, zur Weltspitze und bieten das vollständigste Dienstleistungsangebot um diese Produktegruppe herum an. Trotzdem ist die FRAISA sehr wählerisch, was das Gesamtspektrum der Produkte und die Märkte, in denen wir tätig sind, anbelangt. Wir sind nicht überall auf dem Globus vertreten. Wir sind selektiv als KMU – das können wir auch, denn wir haben keinen Wachstumszwang.
Im Jahr 2005 haben Ihnen die Eigentümerinnen die Aktienmehrheit an der FRAISA übergeben mit der Zielsetzung, das Unternehmen weiterhin als unabhängiges Familienunternehmen zu führen. Warum haben Sie sich selber für diesen Schritt entschieden?
Seit 1990 bin ich in der FRAISA tätig, eingestiegen als Leiter der Produktentwicklung. Ich bin ein sehr «schollengebundener» Typ, d.h. ich wechsle nicht gerne das Unternehmen. Zudem bin ich kein Revolutionär, sondern ein Evolutionär und entwickle Dinge gerne über einen langen Zeitraum hinweg. Bei Familienunternehmen stellt sich naturgemäss früher oder später die Frage nach der Nachfolge. Als dies bei der FRAISA der Fall war, waren zwar Nachkommen vorhanden, aber diese waren nicht im Bereich der Technik tätig. Somit liess sich das Prinzip des inhabergeführten Betriebes nicht fortsetzen. Um die Führung in diesem Sinne zu behalten ist, man auf eine Nachfolgelösung ausserhalb der Familie gekommen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass dieser Gedanke aufkam und für mich persönlich bedeutete dies, dass ich meinen Weg mit dieser Firma weitergehen konnte. Gleichzeitig hat es für uns alle hier, für das Kader, die Geschäftsführung und die Belegschaft bedeutet, dass die FRAISA das bleibt, was sie ist. Nämlich ein in der Schweiz verwurzeltes Unternehmen. Diese Nachfolgeregelung brachte Sicherheit, Klarheit und Stabilität, was im gesamten Unternehmen enorme Kräfte und Kreativität freisetzte. Von dieser Lösung haben letztendlich alle profitiert.
Warum hat die FRAISA beim Family Business Award mitgemacht?
Das geht auf den 15. Januar 2015 und die Aufhebung des Mindestkurses zurück. Ich habe damals selber als Präsident des Industrieverbandes Solothurn viele Gespräche und Medieninterviews geführt. Immer wieder habe ich die Bedeutung der Familienunternehmen für die Bewältigung dieser Krise betont. Ich bin überzeugt davon, dass es für den Erhalt des Werkplatzes Schweiz nicht nur gute Rahmenbedingungen, sondern auch Unternehmerpersönlichkeiten braucht. Menschen, die das wollen – weil sie hier leben, hier zu Hause sind, weil sie die Verantwortung für ihre Kolleginnen und Kollegen unmittelbar spüren. Auch der Family Business Award hat das Ziel, in der Öffentlichkeit auf die Wichtigkeit der Familienunternehmen in der Schweiz hinzuweisen. Und wenn es jemanden gibt, der die gleichen Interessen verfolgt, dann muss man das stärken. Ich wollte mithelfen, dass sich mehr Menschen bewusst sind, wie gross die Leistung der Familienunternehmen in unserem Land ist.
Was bedeutet der Preis für Sie resp. für das Unternehmen?
Als wir erfahren haben, dass wir zu den drei Finalisten gehören, hab ich zur Geschäftsleitung gesagt: Wir haben gewonnen! Nicht, weil wir angenommen hätten, dass wir Erster werden, sondern weil ich es unglaublich finde, dass wir überhaupt unter die ersten drei Nominierten gekommen sind. Es hat uns sehr stolz gemacht, dass wir – gemessen an den Kriterien der Nachhaltigkeit, der Dynamik, der Innovation, der sozialen gesellschaftlichen Verantwortung, aber auch der Eigenfinanzierung und der Nähe zur Belegschaft – in den Augen dieser sehr hochrangigen Jury zu den guten Unternehmen gehören. Dass wir am Ende den Preis gewonnen haben, ist gar nicht entscheidend für uns. Die Kombination der kompetenten Jury und der sechs Kriterien, die im Zentrum stehen, bestärkt uns, unseren Weg weiterzugehen.
Für den Family Business Award meldet man sich online an. Danach muss man Informationen über das Unternehmen einsenden und am Ende erfolgt ein Besuch der Jury am Firmensitz. Wie haben Sie diesen Jurierungsprozess erlebt?
Der Aufwand, der zu betreiben ist, ist aus unserer Sicht unkritisch. Wenn wir uns zum Beispiel für ein Forschungsprojekt bewerben, dann ist der Gesamtaufwand sicher höher, als das, was wir für den Family Business Award zu machen hatten. Insbesondere der Besuch der Jury ist eine grosse Bereicherung gewesen. Meiner Ansicht nach lebt jedes Unternehmen sehr davon, dass es besucht wird. Und je stärker die Persönlichkeiten sind, mit welchen wir im Dialog stehen, desto besser. Der professionelle Austausch und das «best practice»-Lernen sind sehr einfach in der Realisierung und bringen sehr viel.
Würden Sie anderen Familienunternehmen die Teilnahme am Family Business Award empfehlen?
Auf jeden Fall! Und ich hoffe, dass sich in der Zukunft viel mehr Unternehmen dazu durchringen können. Die Zurückhaltung, die wir pflegen, ist ein schöner Wesenszug. Wenn man das in die Wirtschaftswelt überträgt, so glaube ich aber, dass wir als Unternehmen stärker kommunizieren sollten. Wir sollten verstärkt in der Öffentlichkeit auftreten, damit das allgemeine Bewusstsein für die Bedeutung dieser Familienunternehmen grösser wird, das gilt vor allem auch für die Industrie.
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