Elektroautos und Winter, immer wieder ein kontroverses Thema. Vor allem eines, dass gerne als Gegenargument zur Elektromobilität genutzt wird. Dass aber gerade Norwegen, ein sehr nördliches und von Kälte geprägtes Land, führend ist in der Elektromobilität, zeigt aber schon eines klar: Elektromobilität und Winter, das funktioniert. Ich zeige euch hier gerne einige Erkenntnisse aus dem ersten Winter mit dem ID.3.

Vorheizen ist cool – oder eben warm!

Im Zusammenspiel mit der We Connect ID. App kann man bequem mit dem Smartphone auf den ID.3 zugreifen. Ganz praktisch im Winter ist dabei die Möglichkeit, das Auto zu klimatisieren bevor man losfährt. In den kalten Monaten empfiehlt sich dabei natürlich zu heizen, auch Sitzheizung und Lenkradheizung lassen sich so bequem remote aktivieren. Mit dem ME2 Update des ID.3 kann dies sogar zeitgesteuert hinterlegt werden. Jetzt können Wochentage und fixe Zeiten hinterlegt werden und zu diesen wird das Auto nach den eigenen Wünschen vor klimatisiert. Kleiner Nebennutzen der integrierten Standheizung: Eiskratzen ist passé.

Heckantrieb im Schnee?

Mit der Antriebsart kommt der ID.3 von Volkswagen wieder dem ersten grossen Erfolg, dem Käfer, entgegen. Dieser hatte nämlich damals schon einen reinen Heckantrieb mit Motor und angetriebener Achse hinten. Dazwischen kamen mit dem Golf und anderen erfolgreichen Fahrzeugen immer Frontantriebler. Der Heckantrieb bietet beim ID.3 diverse Vorteile, unter anderem, dass sich der Einschlagwinkel der Vorderräder erhöht und man sehr eng wenden kann. Bezüglich Fahren im Schnee hat man oft das Gefühl, dass der reine Heckantrieb Nachteile hat. Die letzten Wochen hat sich die Schweiz mit viel Schneefall von der winterlichen Seite gezeigt und das perfekte Terrain für Testfahren geboten. Dabei hat sich der Heckantrieb sehr bewährt, gerade wenn es mal steiler wird, bietet der Antrieb auf der Hinterachse Vorteile gegenüber einem Frontantrieb. Die Fahrstabilität hat auch positiv überrascht und gegenüber den eigenen Erfahrungen mit einem eGolf im Winter zeigt sich der ID.3 als solide. Bei enormem Schneefall kommt der ID.3 natürlich auch an seine Grenzen, wie auch Frontantrieb – in solchen Fällen helfen dann nur noch Schneeketten oder Allrad-angetriebene Fahrzeuge.

Reichweite im Winter

Elektroauto-Reichweiten werden in Testverfahren gemessen und nach solchen Fahrzyklen angegeben. Heute wird üblicherweise die Reichweite nach dem WLTP angegeben, die „Worldwide Light-Duty Vehicles Test Procedure“. Der ID.3 1ST Max ist mit 420km Reichweite aufgeführt. Gerade in den warmen Monaten lassen sich diese Werte mit besonders sparsamer Fahrweise übertreffen, wie Rekordfahrer Felix Egolf mit 531 Kilometern Reichweite bewies. In den letzten Wochen bei Temperaturen unter dem Nullpunkt und Schnee, ergab sich ein durchschnittlicher Verbrauch von rund 22kWh/100km. Damit bleibt man bei rund 270km Reichweite stehen, dies bei normaler Fahrweise und einem grossen Anteil Autobahn, welche den Verbrauch nach oben treibt. Bei sparsamer Fahrweise sind im Winter rund 300km möglich.

Laden im Winter

Das Laden des Elektroautos im Winter macht beim Laden daheim an der Wallbox keinen Unterschied. Hier erreicht der ID.3 die 11kW Ladeleistung immer und kann im Winter also rund 50km Reichweite pro Stunde nachladen. An Schnellladern unterwegs, kommt es auf die Aussen- und Akkutemperatur an. Wenn man das Auto nur kurz fährt und an einem Schnelllader stoppt, erreicht dieser selten die volle Leistung und muss den Akku erst aufwärmen. Nach längeren Fahrten mit einem Ladestop waren bei mir auch im Winter bis knapp an die 90kW Spitzenladeleistungen möglich. Beispielsweise schaffe ich in 30min rund 40kWh, damit lässt es sich weitere 200km fahren.

Elektroauto im Winter?

Das Fragezeichen kann man also weglassen – Elektroautos und Winter, das passt zusammen. Die Reichweite sinkt etwas, die Ladeleistung unterwegs ist beim richtigen Timing aber sehr gut und so lassen sich auch längere Trips problemlos bewältigen. Kleiner Tipp für Langstreckenfahrer: Zu Hause vollgeladen losfahren und den ersten Ladestopp zwischen 5 und 15% Akkukapazität einplanen und dort bis rund 80% nachladen und dann weiter. In diesem Bereich des Akkuladestands profitiert man von den höchsten Ladeleistungen kombiniert mit genug Reichweite. Viel Spass.

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3 Kommentare

Daniel

1 Antwort
  • Wie verhält sich der Wagen im Winter bei vielen Kurzstrecken? Irgendwo las ich mal, dass die ID Modelle bei kalten Temperaturen ohne Vorheizen per App oder Timer zu jedem Fahrtbeginn versuchen, den Akku per Heizung auf ca. 13 Grad bringen wollen. Ist da etwas dran, kann man das Verhalten nachvollziehen? Die Hyundai und Kia EVs machen das zb. Nicht bei jedem Fahrtbeginn und heizen den Akku erst bei Ladebeginn merklich auf.

    1 Antwort
  • Hans

    Hallo Daniel, ich habe stark unterschiedliche Verbräuche im Winter auch durch unterschiedliches Fahrprofil. Da VW hier erst seit wenigen Tagen das neuste Software Update anbietet, würde ich solche Vergleiche erst mit dem Update anstellen. ich glaube auch das es Optimierungspotential bei der WP gibt und über die Updates könnte sowas ausgespielt werden.

Patrick

  • Guter Artikel betreffend die Wintertauglichkeit der BEV. Ich kann die Machbarkeit BEV/Winter nur bestätigen, bin mit meinem Model 3 letzten Sonntag mit großer Dachbox aus Luxemburg in die Schweiz angereist und jetzt hier jeden Tag unterwegs. Mit etwas Planung, Konditionierung der Batterie und den entsprechenden Schnellladern ist es sehr gut möglich und macht obendrein riesig Spaß.