Ob Elektroautos, E-Busse im öffentlichen Nahverkehr oder E-Bikes: In der Schweizer Mobilität wird immer mehr auf Strom gesetzt. Die Zukunft der Mobilitätsbranche ist elektrisch und auch die Energiebranche befindet sich im Wandel: Sie fokussiert sich auf erneuerbare Stromquellen, die teils wetterbedingt Strom produzieren. Wie wäre es also, wenn es intelligente Ladesysteme geben würde, die das Stromnetz stabilisieren können? Das Pilotprojekt «Smart Charging» der AMAG Gruppe könnte eine erste Antwort auf diese Frage bieten.

Im Global Energy Report 2025 veröffentlichte die Internationale Energieagentur, dass der globale Strombedarf 2024 um 2,2 Prozent, und somit höher als die Durchschnittsrate der letzten zehn Jahre, gestiegen ist. Zudem prognostiziert sie für die Zukunft einen deutlichen Anstieg des Strombedarfs. Auch in der Schweiz wird davon ausgegangen, dass der Strombedarf bis 2050 um etwa 10 TWh ansteigt. Denn in vielen Bereichen wird immer mehr Strom benötigt. Etwa in der immer digitaler werdenden Arbeitswelt oder in der globalen Mobilitätsbranche, die immer mehr auf batteriebetriebene Fahrzeuge setzt.

Elektroauto in einem Carport

Auch die Schweizer Mobilität baut immer mehr auf Elektrofahrzeuge: Während 2023 noch 151’498 reine Elektrofahrzeuge zugelassen waren, verzeichnet die Schweiz Ende 2024 bereits 202’530 reine Elektrofahrzeuge auf ihren Strassen[1]. Und auch in anderen Bereichen der Mobilität wird das immer grössere Vertrauen in die Elektromobilität deutlich: Bei Motorrädern oder im Transportwesen verzeichnet die Schweiz ebenfalls einen Anstieg an elektrisch-betriebenen Fahrzeugen. Gleichzeitig ist sie weltweit eines der Länder mit den grössten Anteilen an erneuerbaren Energien, also solchen, die sich verhältnismässig schnell erneuern. Während Wasserkraft die grösste erneuerbare Energiequelle der Schweiz ist, liegt aktuell besonders Photovoltaik, also die Stromgewinnung mittels Sonnenkraft, im Trend. Die Herausforderung dabei ist, dass Photovoltaik abhängig von der Sonne Strom generiert. Photovoltaikanlagen produzieren also nur am Tag mittels Solarkraft Strom, während sie in der Nacht keinen neuen Strom generieren[2].

Daraus ergibt sich aktuell eine neue Herausforderung, die es zu lösen gilt: Die Vereinbarung einer variablen Stromproduktion mit einer erhöhten Nachfrage nach Strom und der Gewährleistung einer stabilen Versorgung.

Smart Charging: Die intelligente Stromnutzung in der Mobilität

Auch die AMAG Gruppe, die auf erneuerbare Mobilität, eine Kombination aus Elektromobilität und erneuerbaren Energien, setzt, beschäftigt sich mit dieser Frage. Denn Elektroautos werden meist dann geladen, wenn der Strom knapp, teuer und die Nachfrage nach ihm hoch ist. Während das Laden eines E-Autos unkompliziert und bequem in den Alltag integrierbar sein sollte, belastet es das Netz häufig zu den Stosszeiten der Stromnutzung. Die AMAG Gruppe liefert mit ihrer Tochtergesellschaft autoSense jetzt eine neue mögliche Lösung, um das Stromnetz zu stabilisieren und das Laden von Elektrofahrzeugen während der Randzeiten zu ermöglichen: «chargeSmart».

Die «Smart Charging»-Software analysiert mittels künstlicher Intelligenz das Ladeverhalten einzelner Elektroautos und erkennt, an welchen Ladestationen sie üblicherweise angesteckt werden. Mit diesen Erkenntnissen und einem Forecast, der bestehende Daten analysiert und Vorhersagen über die Strompreise der nächsten Stunden trifft, optimiert die Software die Ladevorgänge des Elektroautos. Das Besondere dabei: Die Software ist in der Lage, die Ladestationen und Stromzähler zu überspringen, und greift direkt auf das Fahrzeug und dessen Batterie zu. So können Ladevorgänge von der Software auch ohne Zugriff auf die Ladestationen oder den Stromzähler begonnen, gestoppt oder verschoben werden. Schnellladestationen werden von der Software ausgeschlossen, damit Elektroautofahrerinnen und -fahrer weiterhin möglichst schnelle Lademöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Ebenso ist die «Smart Charging»-Software nicht von einer bestimmten Ladeinfrastruktur abhängig. Der Vorteil: «chargeSmart» kann so mit Fahrzeugen nahezu aller Marken verwendet werden.

Doch wie funktioniert Smart Charging genau?

Begleite dafür (den fiktiven) Paketlieferanten Simon am Ende seiner Schicht:

Um 17 Uhr macht sich Paketlieferant Simon in der Innenstadt auf seinen Rückweg ins Paketdepot am Stadtrand. Auf der Ladefläche seines elektrischen Lieferfahrzeugs herrscht gähnende Leere. Simon hatte eine erfolgreiche Schicht und hat mit seinem Fahrzeug heute viele Kilometer zurückgelegt. Mit nur wenig Akku fährt Simon sein Lieferfahrzeug zurück ins Depot und schliesst es an der Ladestation an. Normalerweise würde das Elektrofahrzeug direkt mit dem Ladevorgang beginnen, damit Simon am nächsten Tag mit einem vollen Akku und maximaler Reichweite neue Pakete ausliefern kann. Heute passiert nichts, als sich Simon auf den Heimweg macht.

Vor einigen Wochen hat Simons Arbeitgeberin Erika im Unternehmen eine neue Software eingeführt: «Smart Charging». Eine Software, die mittels künstlicher Intelligenz das Ladeverhalten der elektrischen Lieferflotte analysiert und steuert.

Die Software hat in den letzten Wochen auch Simons Lieferfahrzeug analysiert: Wo und wie oft Simon stoppt, wie viele Kilometer und welche Strecken er zurücklegt, zu welchen Zeiten er normalerweise sein Fahrzeug auflädt und wann er es für seine nächste Schicht vollständig aufgeladen benötigt. Während Simon im öffentlichen E-Bus auf dem Heimweg ist und später seine Lieblingsserie streamt und Abendessen kocht, startet die intelligente Software noch nicht den Ladevorgang. Jetzt, während die Sonne langsam untergeht, die Solarkraft abnimmt und die meisten Schweizerinnen und Schweizer das Abendessen zubereiten, die Wäsche waschen, online streamen oder im Fitnessstudio ihren neuen Rekord auf dem Laufband erreichen, ist der Strom teuer.

Erst spät am Abend, wenn Simon wie ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung schon tief schläft, beginnt es in der Paketfabrik am Stadtrand zu summen: Die Software hat den Ladevorgang gestartet. Jetzt wird in der Schweiz nicht mehr viel Strom benötigt, weshalb er günstig bezogen werden kann. Während die Lieferfahrzeuge nachts fleissig vor sich hin surren und die Batterien laden, startet Simon am nächsten Tag mit einer Ladefläche voller Päckchen und einem vollen Akku in eine neue Schicht in die Innenstadt.

Und auch Erika ist zufrieden. Während die Fahrzeuge in der Nacht laden, bezieht sie den meisten Strom zu günstigen Preisen während der Randzeiten. Mit ihrer vollelektrischen Fahrzeugflotte spart Erikas Unternehmen so noch mehr als der ohnehin schon preiswerteren Strom- und Wartungskosten.

Das Elektroauto muss mit «Smart Charging» in Zukunft also nicht mehr laden, sobald es an die Ladestation angesteckt wird, sondern kann den Strom beziehen, wenn er besonders günstig ist. So rechnet die AMAG Gruppe aktuell mit einer Kostenersparnis von bis zu 30 Prozent für «chargeSmart»-Kundinnen und -Kunden – je nach Fahrzeug und Ladeverhalten.

So kann «Smart Charging» das Stromnetz unterstützen

Mit der «Smart Charging»-Software, die in der Lage ist, Ladevorgänge zu stoppen, wenn das Stromnetz besonders belastet wird, und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen, wenn wieder mehr Strom verfügbar ist, wird es zudem möglich das Stromnetz zu stabilisieren. Nämlich, wenn intelligentes Laden zur Regelenergie wird. Also zu dem Strom, der in ein Netz eingespeist oder entnommen wird, um es zu stabilisieren. Denn um einen sicheren und konstanten Betrieb zu garantieren, müssen Produktion und Verbrauch von Strom stets im Gleichgewicht von 50 Hz sein. So können vollelektrische Fahrzeuge mit der «Smart Charging»-Software in Zukunft auch dabei helfen das Stromnetz zu stabilisieren und Netzausbaukosten einzusparen, indem sie Strom ins Netz einspeisen oder aus ihm entnehmen. 

Unternehmen und Privatpersonen sind dabei dennoch abgesichert und müssen sich vor der nächsten Fahrt keine Sorgen um den Akkustand der Batterie machen. Die «Smart Charging»-Steuerung setzt erst ab einem Akkustand, der genügend Fahrleistung ermöglicht, ein.

Frau und Mädchen stehen am Elektroauto und laden es auf

Wann gibt es «chargeSmart» für Privatkunden?

Mit «chargeSmart» ist «Smart Charging» bereits für die von der autoSense, einem Unternehmen der AMAG Gruppe, betreuten Flotten erhältlich. Spätestens zu Beginn des nächsten Jahres soll «Smart Charging»  auch für Privatkunden die so mit der Software die Ladevorgänge bei sich zu Hause steuern lassen können, erhältlich sein. Durch das intelligente Ladesystem können die Kundinnen und Kunden nicht nur von den günstigen Strompreisen profitieren, sondern sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zu einer stabilen und sicheren Stromversorgung.

[1] Vgl. Bundesamt für Statistik: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/verkehrsinfrastruktur-fahrzeuge/fahrzeuge/strassenfahrzeuge-bestand-motorisierungsgrad.html.

[2] Vgl. Verband Schweizerische Elektrizitätsunternehmen: https://www.strom.ch/de/wissen/stromproduktion-stromkennzeichnung.

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