07.15 Uhr in der AMAG Utoquai. In der morgendlichen Ruhe macht Valentina Rohner mit anderen Lernenden zusammen den Betrieb bereit. Computer aufstarten, Pneumaschine einschalten, Räder aus dem Lager hinaufholen. Bereits eine Viertelstunde später kann die Lernende im 1. Jahr als Automobilmechatronikerin mit ihren weiteren Tagesaufgaben beginnen. Noch sind das kleine Arbeiten wie «lediglich» Service durchführen oder Räder und Pneu wechseln. Gelegentlich hilft sie einem Mechaniker bei grösseren Arbeiten. «Je länger man hier ist, desto spannender wird es, weil ich mehr allein machen darf», meint sie mit strahlenden Augen. Das schätzt das kleingewachsene, blonde Energiebündel sehr an der AMAG: Sie könne auch selbstständig arbeiten und auch die Toleranzgrenze für Fehler sei viel grösser, wenn der Betrieb merkt, dass man sich Mühe gibt.
Nicht alle seien von Beginn an hinter ihrem Entscheid gestanden, die Lehre als Automobilmechatronikerin anzutreten. Es habe sehr viele Diskussionen gegeben in der Familie. «Sie meinten, ich solle auch das Gymi machen und studieren, so wie alle anderen. Aber wenn man nicht will, was soll man da machen?». Sie zuckt entschuldigend mit den Schultern. Ihre Freunde dagegen hätten sie immer unterstützt und cool gefunden, dass sie ihren Traumberuf so vehement verteidigt. Als sie dann drei Bewerbungen verschickt hatte und drei Lehrstellenangebote die Antwort waren, stimmte das auch ihre Familie um.
Als Frau in der Werkstatt
Die «sehr kurze Mittagspause» von 45 Minuten verbringt Valentina am liebsten auf der Terrasse ihres Betriebs – mit Essen von Zuhause, aus Kostengründen. Dort könne man gut in der Sonne entspannen und abschalten. Manchmal geht sie auch mit Mitlernenden an den Zürichsee, doch dafür ist die Zeit ziemlich knapp. Ins Serviceteam der AMAG Utoquai sei sie sehr gut aufgenommen worden. «Zu Beginn hatte ich schon meine Bedenken, wie das wird, so als Frau. Aber es war überhaupt kein Problem.» Jeder komme gut mit jedem klar und wenn sie mal Hilfe bräuchte, würde sie die auch bekommen. «Man muss sich halt schon Mühe geben und es selbst versuchen. Zum Beispiel hat man, je nachdem wie man sich bückt, gleich viel mehr Kraft». Sprüche höre sie nur von Kollegen, mit denen sie sehr gut klarkommt, und dann kontert sie schlagfertig. «Dann sind sie schnell ruhig», meint sie mit einem Schmunzeln.
Dass sie sich schnell in das grosse Team von 14 Mechanikern eingelebt hat, bestätigt auch der Leiter der Werkstatt Betim Maliqi. «Sie ist aufgestellt und macht mit. Von beiden Seiten lief die Integration sehr schnell und problemlos ab». Dass sie nach der Lehre noch lange in der Werkstatt bleiben wird, bezweifelt er dagegen. «Sie wird sicherlich Weiterbildungen machen und dann wahrscheinlich einen anderen Weg einschlagen», meint er mit einem Seitenblick auf Valentina. Sie grinst in breit an und pflichtet ihm sorgfältig bei: «Ja, das ist schon möglich. Ich möchte wahrscheinlich in Zukunft gerne mehr mit Menschen zu tun haben». Ursprünglich zog sie auch eine Ausbildung in der Pflege in Erwägung. Doch die Faszination der Technik war stärker.
Mit Freunden gegen Einsamkeit
Ihre soziale Ader lebt die Lernende nun abends aus, wenn sie ihre Freunde trifft. «Geht man nicht gelegentlich in den Ausgang, fällt man wie in ein tiefes Loch und hat das Gefühl, nur noch für die Arbeit zu leben.» Zudem geniesst sie es sehr, für einmal über etwas anderes zu sprechen als über Autos – zum Beispiel über Motorräder. Treffen mit Freunden sind allerdings schwieriger, wenn «High Season» ist und Sommer- und Winterräder gewechselt werden. Alle Lernenden müssen dann in der Expresswerkstatt mithelfen und ein Auto nach dem anderen abarbeiten. «Dann kommt man am Abend nach Hause und will nur noch schlafen», erklärt sie und schlägt sich die Hände vor das Gesicht. Dann schielt frech sie zwischen ihren Fingern durch: «Aber das gehört eben auch dazu».
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