Rollenklischees sind kein neues Phänomen, sondern ein leidiges Thema seit dem 21. Jahrhundert – ob im Berufsleben oder im Privaten. Nur dreht sich heute die Frage nicht mehr darum, wer arbeiten geht und das Geld verdient, sondern darum, warum nur wenige Frauen in männerdominierten Branchen – wie der Automobilbranche – anzutreffen sind und kaum Männer als Geburtshelfer oder Erzieher arbeiten. Wer hat vorgegeben, was ein Frauen- und was ein Männerberuf ist?

Ein Blick in die Geschichte

Mit dem technischen Fortschritt und der Industrialisierung kümmerten sich viele Frauen um den Haushalt und die Kinder, während die Männer in den Fabriken arbeiteten und das Geld nach Hause brachten. Anfangs bis Mitte des 20. Jahrhunderts kamen die Weltkriege und somit die Wende. Viele Männer fielen den Kriegen zum Opfer und die Frauen mussten die finanzielle Verantwortung übernehmen. Sie übernahmen nicht nur die Arbeit in den Fabriken ihrer Männer sondern auch Tätigkeiten, die ihren bisherigen Aufgaben ähnelten: die Pflege der Verletzten als Krankenschwestern und die Versorgung der Alten und Neugeborenen. Daraus entstanden Altenpflegerinnen und Hebammen. Doch die Schweiz blieb von den zwei Weltkriegen fast verschont und die Frauen mussten kaum zur Arbeit gedrängt werden, um die in den Krieg gezogenen oder gefallenen Arbeitskräfte zu ersetzen.

Weg vom Hausfrauen-Dasein

Frauen machten in den 70er Jahren nur einen Drittel der erwerbstätigen Schweizer Bevölkerung aus. 40 Jahre später, im Jahr 2018 war die Erwerbsquote der 15- bis 64-jährigen Frauen mit 79,9 Prozent um 8,6 Prozentpunkte tiefer als jene der Männer (88,5%). Der Geschlechterunterschied hat sich zwischen 2010 und 2018 um 3,3 Prozent verringert. Die Vollzeitbeschäftigten bei den Frauen belaufen sich auf 59,8 Prozent und bei den Männern auf 85,5 Prozent. Eine Mehrheit der Frauen bleibt auch nach der Geburt von Kindern erwerbstätig, meistens in einem Teilzeitpensum (Quelle: Bundesamt für Statistik). 

 

Quelle: swissinfo.ch / Bundesamt für Statistik

Veränderung der Geschlechtermehrheit

Viele Studien zeigen, dass im 21. Jahrhundert zahlreiche einst männlich dominierte Berufe, heute mehrheitlich weiblich sind: Tierarzt/Tierärztin, Apotheker/in, Optiker/in, Lehrer/in, Biologe/Biologin, Buchhalter/in, Verwaltungsangestellte/r, Marketingspezialist/in etc.

Geschlechtertrennung bleibt bestehen

In weniger als 50 Jahren haben sich zahlreiche Berufe diversifiziert, aber die berufliche Geschlechtertrennung bleibt bestehen. In einer Studie von swissinfo wurden Berufe ermittelt, in denen sich in den letzten Jahren jedoch wenig geändert hat: Metzger/in, Maschineningenieur/in, Fahrschullehrer/in, und Automechaniker/in sowie Maler/in. Vor allem in den technischen und handwerklichen Berufen gibt es einen Männerüberschuss. 

Automobilbranche – (k)ein Ort für Frauen?

Doch die Frauen waren immer ein Teil der Automobilbranche: Wusstest du, dass Frauen die Geschichte des Autos geprägt haben? Beispielsweise unternahm Bertha Benz 1888 im Benz Patent-Motorwagen ihres Mannes Carl Benz die erste Überlandfahrt der Geschichte. Die französische Herzogin Anne d’Uzès ist die erste Person, die eine Führerscheinprüfung ablegt, und zwar im Jahr 1898. Sie ist auch die erste, die ein Strafmandat für zu schnelles Fahren kassiert. Anstatt der erlaubten 12 km/h fährt sie im Bois de Boulogne bei Paris rasante 13 km/h. Aussergewöhnlichen Mut beweist Clärenore Stinnes. Sie ist der erste Mensch, der mit einem Auto die Welt umrundet.

Auch in der Autowerbung spielten Frauen stets eine grosse Rolle – als wichtige Klientel und mit einer Vorliebe für schöne Autos. Auch heute schreiben sie die automotive Entwicklung mit ihrer Leidenschaft für Mobilität weiter fort. Noch nie gab es so viele Fahrzeuge und noch nie waren so viele Frauen «mobil». Auch wir bei der AMAG versuchen nicht nur unsere Kundinnen anzusprechen, sondern auch jeder/jedem die Möglichkeit zu bieten, den Beruf auszuüben, für den sie brennen – egal ob Mann oder Frau.

Die AMAG durchbricht die Stereotype

Werfen wir einen Blick in unsere Betriebe, finden wir viele, hochmotivierte Frauen. Auch unsere Lernenden sehen sich in der «Männerdomäne» akzeptiert und ernst genommen – ohne dass Unterschiede gemacht werden. So berichtete Valentina Rohner, Lernende im 3. Lehrjahr als Automobilmechatronikerin, bereits für den Blog, dass sie sich unter den Männern in der Werkstatt behaupten kann und keinerlei Unterschied gemacht wird. Warum also sollten die Rollenklischees nicht durchbrochen werden und ein jeder seiner Berufung nachgehen?

Wir haben Ida Tanner, Leiterin Group Human Resources, im Kurzinterview befragt, wie sie die Situation beurteilt.

Ida, du bist seit vielen Jahren in der Automobilbranche. Wie bist du dazu gekommen?

Ida Tanner: Damals bin ich von der Ostschweiz in den Aargau umgezogen und habe bei der AMAG eine Stelle erhalten. Von Tag eins an fühlte ich mich mit dem Unternehmen sowie mit dem Team wohl, und dem ist auch heute so.

Viele Männer denken, Frauen und Autos – das passt nicht zusammen. Wie siehst du das?

Ich vertrete diese Meinung nicht, denn Diversität ist wichtig, vor allem in der Wirtschaft. Erst durch Vielfalt wird eine bessere Diskussionskultur gepflegt und ausgewogenere Entscheidungen getroffen. Frauen bringen andere Sichtweisen, Führungsstile und Erfahrungen mit, dass fördert den Austausch. Und Studien belegen, dass ein Unternehmen profitabler ist, wenn Frauen im Management sind.

Die Automobilbranche wird als Männerdomäne angesehen. Wie kann ein Umdenken vorangetrieben werden?

Das Gesellschaftsbild der Frau, die sich primär für die Familie sorgt und nicht unbedingt eine berufliche Karriere verfolgt, ist über Generationen entstanden und gewachsen. Ich glaube, es ist utopisch zu glauben, dass lässt sich in den nächsten fünf Jahren verändern. Trotz der medialen Aufmerksamkeit zum Thema «Diversität», nicht nur im Hinblick auf Frauen, ist das Ergebnis immer noch bescheiden. Meiner Ansicht nach ist es die Aufgabe der Politik, richtige Rahmenbedingungen zu schaffen. Sukzessiv geschieht das, braucht aber seine Zeit und darum sind die Unternehmen angehalten, den Fokus noch mehr auf mobiles Arbeiten und Arbeitszeitmodelle wie Teilzeit für Männer und Frauen zu legen.

Wie ist die Entwicklung der Geschlechtermehrheit innerhalb der AMAG?

Innerhalb der ganzen Gruppe haben wir 15,9 Prozent weibliche Mitarbeitende, wir streben aber 20 Prozent an. Wenn wir in die einzelnen Abteilungen blicken, ist die Aufteilung beispielsweise beim Verwaltungsrat 20 Prozent, im CEO Office 80 Prozent, Finanzen und Controlling bestehen zu 42 Prozent aus Frauen, Services haben einen Anteil von 31, die Kommunikation liegt bei 66 Prozent, im Leasing ist fast die Hälfte weiblich, Corporate Services beläuft sich auf 40 Prozent und im Innovation und Venture LAB 34 Prozent. Unsere Bestrebungen sind natürlich, mehr Frauen für den Verkauf und die Werkstätten zu gewinnen. Da wir künftig uns auch im Online Sales verwirklichen werden, könnte ich mir vorstellen, dass dies Frauen mit Beratungskompetenz ansprechen könnte.

Was rätst du jüngeren Kolleginnen?

Ich rate jüngeren Kolleginnen, dass sie selbstbewusster auftreten, sich noch sichtbarer machen und die Familienarbeit in gleichen Teilen auf die Männer verteilen.

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