Pascal Baumann ist seit fünfzehn Jahren Chauffeur bei AMAG Chauffeur Drive. Im Kurzinterview erzählt er, was einen guten Chauffeur ausmacht und was bleibende Erinnerungen vom WEF sind.

Was macht einen guten Chauffeur aus?

Da spielen verschiedene Faktoren zusammen: Ein guter Chauffeur ist nicht einfach ein Fahrer, der den Gast von A nach B bringt. Er muss diskret und dienstleistungsorientiert sein. Hochgerechnet ist man wie ein Butler: Der Gast soll sich wie zuhause fühlen und als Chauffeur sorgt man sich um ihn. Da ich aus der Hotelbranche stamme, kenne ich das Business sehr gut. Dem Gast muss man immer einen Mehrwert bieten: Als Chauffeur bist du wie der Concierge im Hotel – du weisst, wie die Hotels aussehen, wo die bestens Restaurants sind, wo sich Einkaufsmöglichkeiten bieten. In den 21 Jahren Berufserfahrung baut man gewisse Beziehungen zu Restaurantbesitzern und Hotelbetreibern auf, bei denen man den Gast anmelden und optimalen Service anbieten kann.

Was noch wichtiger ist: Menschenkenntnis. Als guter Chauffeur muss man einschätzen können, ob der Gast reden oder lieber seine Ruhe haben möchte. Wenn der Gast gesprächig ist, muss man damit rechnen, dass Fragen über die Schweiz oder die Stadt, die er besucht, gestellt werden. Das Feingefühl im Umgang mit Fahrgästen muss vorhanden sein.

Was war die bleibende Geschichte vom WEF für dich?

Ich bin bereits 21 Jahre beim WEF mit dabei. Da gibt es viele Geschichten, aber für mich ist jede Fahrt speziell. Wenn ich eine herausheben soll, dann wäre es die mit dem «Kamel». Vor einigen Jahren hatte ich einen internationalen Kunden aus dem Osten. Dieser Businesskunde war acht Jahre lang mein Fahrgast. Auf dem Abholschild sowie auf den Fenstern auf unserem Fahrzeug war ein Kamel abgebildet, assoziierend zum Firmenlogo. Wenn du nun in Davos mit einem Kamel am Fenster fährst, fällst du schnell auf. Die Polizisten haben sich an uns erinnert. Als wir knapp mit der Zeit waren, kam ich bei der Kontrolle durch, sie lachten und sagten: «Freie Fahrt für das Kamel».

Gab es brenzlige Situationen am WEF?

Ich hatte zum Glück in meiner Laufbahn wenige Vorfälle. Vor zwei Jahren kam ich aber ins Rutschen und donnerte direkt in eine Mauer. Es ist zum Glück nichts Schlimmes passiert. Aber solche Vorfälle geschehen, wenn es eisig ist. Und ganz früher, das ist schon ein paar Jahre her, da gab es eine Demonstration im Dorf. Die Demonstranten haben den McDonalds damals auseinandergenommen. Ich stand in der Nähe mit meinem Fahrzeug inklusive Gast und das war nicht sehr angenehm. Aber auch hier hatten wir Glück und es geschah uns nichts.

Viele deiner Fahrgäste sind berühmt. Hast du hierzu eine Geschichte?

Diskretion ist das A und O in unserem Business. Ich möchte keine Namen nennen. Aber dank meines Jobs habe ich viel erlebt und durfte eine kleine Komparsenrolle in einer Bollywood-Serie übernehmen. Solche Gelegenheiten bieten sich nicht jeden Tag.
Neben dem WEF fahren wir auch die Stars ans Gurten Festival. Hierzu auch eine kleine Anekdote: Diesen Sommer habe ich eine Band zum Gurten gefahren und im Radio lief der Song dieser Band. Ich wusste aber nicht, wen ich fahre und habe ehrlich gesagt, den Sänger auch nicht erkannt. Als ich den Song im Radio hörte, sagte ich: «Nicht schon wieder dieses Lied», der Sänger sass neben mir und lachte. Oben angekommen, stieg die Band aus und meine Frau, die ebenfalls am Gurten Festival arbeitet, sagte zu mir: «Weisst du, wenn du da gefahren hast?», als ich erfuhr, dass ich mich gerade über diesen Song von der Band genervt habe, musst ich lachen. Der Sänger nahms mit Humor.

Was macht dir am meisten Spass?

Am meisten liebe ich an meinem Job, dass ich Kontakt mit Menschen habe und er abwechslungsreich ist. Man weiss nie, was einen erwartet. Anders als andere liebe ich es, wenn ich unregelmässige Arbeitszeiten habe, da ich wirklich kein Büromensch bin. Ich freue mich bereits auf meinen diesjährigen Einsatz am WEF.

Pascal Baumann bei der Arbeit.

Was ist das World Economic Forum

Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, kurz WEF) ist eine in Cologny im Kanton Genf ansässige Stiftung und internationale Organisation, die in erster Linie für das von ihr veranstaltete Jahrestreffen mit dem gleichen Namen bekannt ist. Es findet jährlich in Davos statt. Hier kommen international führende Wirtschaftsexperten, Politiker, Wissenschaftler, gesellschaftliche Akteure und Journalisten zusammen, um über aktuelle globale Fragen zu diskutieren. Neben den Themen Wirtschafts- und Sozialpolitik umfassen sie auch Fragen zur Gesundheits- und Umweltpolitik. Das WEF ist unparteiisch und somit nicht an politische oder nationale Interessen gebunden. Das Hauptziel ist es, den Zustand der Welt zu verbessern. Finanziert wird das WEF von den rund 1000 Mitgliedern, die einen Jahresbeitrag bezahlen.

Das Forum wurde 1971 von Klaus Schwab gegründet. Es organisiert im Verlauf des Jahres weitere Treffen weltweit, darunter das Annual Meeting of the New Champions in China. Neben den Veranstaltungen publiziert das WEF regelmässig Forschungsberichte. Seine Mitglieder betätigen sich in branchenspezifischen Initiativen.

1971 fiel die Wahl auf Davos, da es sich von der Lage her gut schützen lässt, weil es nur eine Ein- und Ausfahrt gibt. Heute haben sich die Bedrohungen geändert, aber die Tradition ist geblieben. 2020 findet das 50. Jahrestreffen in Davos statt.

 

Nicole Hischier, Head of Chauffeur Drive Switzerland und Vice President Swiss Limousine Association, mit drei ihrer dreizehn WEF-Mitarbeitenden (v.l.n.r.): Mathias Morgenegg (seit 2005 am WEF), Carlos de Oliveira Pinto (seit 2003 am WEF) und Giovanni Campisano (zum zehnten Mal beim WEF dabei).

Nicole, du bist seit 20 Jahren bei der AMAG. Seit 2001 ist Chauffeur Drive am World Economic Forum in Davos dabei. 2019 wart ihr bereits zum 18. Mal im Einsatz. Wie kam es dazu?

Audi Deutschland war bereits damals Fahrzeugsponsor des WEF und hat neben Limousinen für die Referenten auch Shuttlebusse zur Verfügung gestellt. Audi Deutschland beauftragte deshalb Audi Schweiz, einen Limousinenservice aufzubauen. Audi Schweiz wiederum gaben den Auftrag an Europcar Schweiz weiter: Europcar hätte ja schon die Fahrzeuge und müsse jetzt nur noch Fahrer organisieren. Wir weigerten uns zuerst, da wir das Geschäft nicht kannten und kein Risiko eingehen wollten. Trotz der Bedenken bauten wir einen Limousinenservice auf – so entstand das Ganze. Damals traten wir noch als Europcar auf und wurden offizieller Limousinen-Service-Partner des WEF. Damit waren wir ab sofort für alle Transporte der zahlenden Gäste verantwortlich und wurden vom WEF aktiv beworben. Im ersten Jahr hatten wir bereits 70 Fahrer im Einsatz und wir wuchsen extremrasch – in den Spitzenjahren waren es 250 Fahrer, heute sind wir wieder zurück auf rund 190 Fahrer.

Sicherheit ist bei diesem Anlass einer der wichtigsten Faktoren.

Das stimmt. Für uns war es auch ein Risiko, wildfremde Fahrer anzustellen. Wir haben deshalb in den ersten Jahren ausschliesslich Polizisten engagiert aufgrund der guten Leumundszeugnisse. Nachdem diese aber während des WEF Ferienverbot erhielten, mussten wir auf deutsche und österreichische Polizisten und andere Berufsleute zurückgreifen. Seit einigen Jahren werden alle Fahrer vom WEF polizeilich überprüft und erhalten einen persönlichen Badge. Das Auto muss zudem einen CO2-Emissionswert erfüllen, um die Zugangsberechtigung in die Sicherheitszonen zu erhalten.

Wie geht ihr mit Unvorhergesehenem um?

Lösungsorientiert. Wir haben jedes Jahr neue Herausforderungen. Dieses Jahr machte uns die Kälte zu schaffen, an einem Morgen waren es beispielsweise –20 Grad Celsius. Navigationssysteme funktionieren nicht, Kofferräume lassen sich nicht mehr schliessen etc. Wir finden aber für jedes Problem eine Lösung.

Was sind die grössten Herausforderungen?

Dieses Jahr waren die Parkplätze für unsere Flotte ein grosses Problem. In Davos wird jeder freie Platz an die WEF-Firmen vermietet, darauf werden Zelte sowie Gebäude gestellt und Firmenniederlassungen eingerichtet. Andere Plätze werden vom Militär und von der Polizei besetzt.
Unterkünfte sind auch Mangelware. Diese fanden wir in Form von Wohnungen in Klosters und im Reka-Dorf in Pany. Aufgrund des vielen Schnees 2018 hatten die Fahrer manchmal drei Stunden, um von Pany nach Davos zu fahren – das war untragbar und unzumutbar.

Und wie habt ihr die Situation verbessert?

Wir haben eine neue Suche gestartet und für 2019 ein Hotel in Davos für uns gewinnen können. Die Lage ist perfekt, doch gibt es nicht genügend Parkplätze. Ich war im Sommer dort und habe nach Alternativen Ausschau gehalten. Fündig geworden bin ich bei einem Bauern, der sich bereit erklärt hat, uns seine Wiese zu vermieten. Bereits Anfang Januar hat er mit der Schneeräumung begonnen, um uns einen Platz für 20 Fahrzeuge bereitstellen zu können. Zusätzlich konnten wir beim lokalen Gewerbe Parkplätze dazumieten. Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung ist enorm wichtig. 

Wie ist dein Team in Davos aufgestellt?

Wir sind 13 Personen in Davos: Ich habe die Gesamtverantwortung. Sechs Personen betreuen die Kunden, beraten und verkaufen unser Produkt, erfassen die Buchungen und bestätigen die Fahrten. Sie sind das Bindeglied zwischen dem Kunden und dem Fahrer – sie sind verantwortlich, dass der Fahrer alle Informationen erhält und am richtigen Tag zur richtigen Zeit mit dem richtigen Auto am richtigen Ort ist. Ein Disponent teilt die Aufträge und Fahrzeuge zu, zwei Personen übergeben die Aufträge an die Fahrer, drei Personen sind Troubleshooter (dt. Problemlöser) und helfen bei technischen Fragen oder Problemen, wenn jemand im Schnee festgefahren ist, wenn ein Unfall passiert, wenn Scheibenputzmittel nachgefüllt oder ein Auto innen gereinigt werden muss oder Schneeketten für Nutzfahrzeuge montiert werden sollen. Zudem sind zwei Personen am Flughafen stationiert, die die Fahrer in Zürich betreuen, sowie zwei bis drei Hostessen, die die Gäste in den Flughafenterminals empfangen. Dann unterstützen uns die Leute vom AMAG Services Hauptsitz: Personalabteilung, IT, Fahrzeugbereitstellung, Buchhaltung, Schadenabteilung, Stationen, die ihre Mitarbeitenden ersetzen müssen etc. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an alle Beteiligten! Jeder ist ein Zahnrad in einer riesigen Organisation – jeder leistet seinen Beitrag und stellt sicher, dass der Anlass ein Erfolg ist.

Nicole und ihr Team schmeissen das WEF und haben jedes Jahr Spass an der Herausforderung. Vorne v.l.n.r.: George Drumakas (seit 2001 dabei), Christoph Sidler (Temporär), Ulla Lepistö (seit 2010). Hinten v.l.n.r.: Bettina Stäheli (seit 2018), Claudia Roth (Temporär), Nicole Hischier (seit 2001), Nicole Kielholz (seit 2013) und Brent Thomas (seit 2009). Es fehlen Julia Fermiano (seit 2017) und Luisa Mansueto (seit 2017).

Über die Fahrer haben wir jetzt noch nicht gesprochen.

Die wichtigsten Player sind unsere Fahrer – sie sind unsere Visitenkarte gegen aussen. Ohne sie geht gar nichts. Viele Fahrer sind seit Jahren bei uns und betreuen jedes Jahr die gleichen Stammgäste. Ich staune immer wieder, dass die Kunden sich noch genau an ihre Fahrer erinnern und diese wieder buchen wollen. Das WEF dauert vier Tage, aber das Vertrauen, die Loyalität, die Pünktlichkeit, die Professionalität und die Qualität unserer Dienstleistungen wird enorm geschätzt. Man verlässt sich auf Bewährtes. Viele Gäste buchen den Fahrer für mehrere Tage. Andere benötigen nur die Flughafentransfers. 

Die Fahrer sind bestens ausgerüstet.

Auf welches Kundensegment konzentriert ihr euch?

Unsere Kunden sind vor allem Geschäftsführer und Manager von Grossfirmen, die ausserhalb des Kongresses noch wichtige Meetings haben und darauf angewiesen sind, schnell von A nach B zu kommen. Einerseits muss es schnell gehen, andererseits kommen der Sicherheitsaspekt und die Intimität im Auto dazu – oft werden Sachen besprochen, die nicht jeder mithören soll. Unsere Kunden sind vor allem Unternehmen aus dem Finanzsektor, aus der Telekommunikation, IT, Lebensmittelbranche, Rohstoffbranche etc.

Wie schätzt du die künftige Entwicklung des WEF ein?

Davos lebt vom Wintersport und vom WEF. Für Davos wäre es fatal, wenn das WEF abwandern würde. Vor ein paar Jahren habe ich einen Vortrag von Herrn Alois Zwinggi, Managing Director vom WEF, gehört. Er sagte damals, dass das WEF schon Alternativen zu Davos geprüft habe, z.B. die Genferseeregion oder Basel. Doch ist es schwierig, an einem neuen Ort wieder Fuss zu fassen. Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde, dem Kanton, der Polizei und dem Bund funktioniert in Davos perfekt und die Infrastruktur stimmt. Meiner Meinung nach ist es auch möglich, dass das Annual Meeting in Zukunft jedes Jahr an einem anderen Ort abgehalten wird. Es gibt heute schon WEF-Meetings überall auf der Welt. Bis 2021 sind die Verträge mit Davos unterzeichnet mit einer Option für zwei Jahre Verlängerung. Wir lassen uns überraschen.

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