Neue Abwasserrecyclinganlage als Leuchtturmprojekt für den Umweltschutz
Anfang September ging die neue Abwasserrecyclinganlage im Car Logistics Zentrum Birrfeld in Betrieb. Nicht nur aufgrund ihrer Grösse stellt die Anlage ein Novum in der gesamten Schweiz dar: Sie spart bis zu 98 Prozent Trinkwasser ein und gilt als gutes Beispiel für weitere Projekte.
Dass Wasser zu den kostbarsten Gütern unseres Planeten zählt und unsere Lebensgrundlage ausmacht, ist klar. Wusstet ihr jedoch, dass lediglich 0,007 Prozent aller Wasservorkommnisse für uns nutzbares Trinkwasser sind? Diese weitgehend unbekannte Tatsache könnte der Grund sein, weshalb wir zu sorglos und verschwenderisch mit Wasser umgehen – wir in der Schweiz haben ja genug davon. Der diesjährige Hitzesommer hat aber vielleicht seinen Teil zu einem Umdenken in der Gesellschaft beigetragen.
Wasser braucht Unterstützer
Diesem Leitmotiv des Trinkwasserschutzes folgend hat sich die AMAG bereits vor Jahren zum Ziel gesetzt, bei ihren Autowaschanlagen die grösstmögliche Trinkwassereinsparung zu erreichen. Dieser Fokus auf die Schonung einer knappen Ressource geht dabei deutlich über die gesetzlichen Auflagen für die Wasseraufbereitung hinaus. Um Schadstoffwerte zu reduzieren und gleichzeitig die Trinkwasserzufuhr auf ein Minimum zu beschränken, schreibt das Gesetz ab 5000 Waschgängen pro Jahr eine Abwasserrecyclinganlage vor.
Ein Jahresprojekt für über 100’000 Fahrzeuge
Wie es sich für ein Projekt dieser Dimension gehört, schlossen sich für die «Abwasserrecyclinganlage Lupfig» die ganz Grossen zusammen: Die Thommen-Furler AG als Generalunternehmen holte sich bewusst die Expertise der aquadetox International GmbH an Bord, den Pionieren in der biologischen Abwasserreinigung und im Recycling aus Deutschland. Mitte September war es so weit und die Anlage ging in Betrieb.
Zusammen mit dem Departement für Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, vertreten durch Bruno Mancini (Fachspezialist für Abwasser, Industrie und Gewerbe), konnte die «Family»-Redaktion nach der Inbetriebnahme mit den Projektverantwortlichen an einem runden Tisch zusammensitzen.
Für Alexander Hegi, AMAG Safety & Maintenance Manager in Lupfig, ist klar: «Es war ein riesiges Projekt, welches wir hier innerhalb eines Jahres umgesetzt haben.» Und das Ergebnis dieser eng vernetzten Zusammenarbeit kann sich sehen lassen.
Martin Lüthi, Projektverantwortlicher bei der Thommen-Furler AG, erklärt: «Nebst der Messung des pH-Wertes, des Kohlenwasserstoffgehalts und der Recyclingquote wird auch der CSB-Wert* gemessen. Letzterer bestätigt die Funktionalität einer Bioanlage und ist ein Mass für die biologisch abbaubaren Stoffe.» Schwermetalle werden zum grössten Teil durch die Biologie absorbiert und müssen aufgrund der geringen Vorkommen nicht gemessen werden.
Die Kapazität ist einmalig. Alexander Hegi erklärt: «Die für über 100’000 Fahrzeuge pro Jahr ausgelegte Abwasserrecyclinganlage ist nach unserem Kenntnisstand die grösste in der Schweiz. Heute werden jährlich ungefähr 45’000 Autos in den Waschboxen und etwa 17’500 in der Waschanlage gereinigt. Wir haben also noch Luft nach oben. Bei Bedarf kann die Kapazität zudem noch weiter ausgebaut werden.»
Unscheinbar von aussen, grosse Wirkung von innen
Die Aussenansicht der Abwasserrecyclinganlage lässt nicht viele Schlüsse auf die dahintersteckenden Wunder, die Natur und die Technik zu. Eher unscheinbar wirken die verschiedenen Elemente der Anlage für Aussenstehende. Doch wie funktioniert denn nun der biologische Abwasserreinigungs- und Recyclingprozess von Schmutzwasser?
Schritt 1: Schlammfang und Sedimentation
Das schmutzige Waschwasser aus den Waschanlagen und Waschboxen gelangt nach dem Waschgang in die erste Stufe der Reinigung, den «Schlammfang». Hier senken sich mittels natürlicher Sedimentation die ungelösten Schmutzpartikel ab. Diese Sedimentation läuft in mehreren Stufen ab.
Schritt 2: Biologische Aufbereitung
Nach der groben Vorreinigung wird das Wasser in die biologische Aufbereitung gepumpt. Hier findet die zweistufige Tiefenreinigung der gelösten Abwasserinhaltsstoffe des Schmutzwassers auf biologische Art in zwei separaten Tanks (Bio 1 und Bio 2) statt. Für den biologischen Prozess wird über Membranbelüfter Sauerstoff hinzugeführt.
Schritt 3: Nachklärung
Um das biologisch gereinigte Wasser wieder dem Prozesskreislauf zuführen zu können, muss dieses zur Abtrennung von Mikroorganismen in Form von Überschussschlamm noch eine Nachklärung durchlaufen.
Schritt 4: Entkeimung
Eine weitere, der AMAG besonders wichtige Reinigungsstufe, wurde aufgrund der Arbeitssicherheit installiert, denn sauber heisst nicht automatisch keimfrei. Mit Hilfe von UV-Strahlung wird das Wasser entkeimt. Verantwortlich für die gründliche Reinigung und Entkeimung des Wassers ist das BioSaver-System der aquadetox international GmbH. Jürgen Schaible, Projektverantwortlicher von aquadetox, erklärt hierzu: «Das BioSaver-System entkeimt das Brauchwasser und ermöglicht dadurch eine Trinkwassereinsparung von bis zu 98 Prozent. Nach der Entkeimung kann das Wasser direkt für weitere Waschgänge an den Hochdruck-Reinigern und Waschanlagen genutzt werden.»
Schritt 5: Sammeln von Regenwasser
Die Anlage verfügt über einen Sammelbehälter für Regenwasser. Das dadurch gewonnene Wasser wird in den Warmwasserspeicher gepumpt und vermischt sich vor dem Waschgang mit dem gereinigten Brauchwasser. Auf diese Weise können Fahrzeuge dauerhaft ohne Zugabe von Trinkwasser gereinigt werden.
Für den Notfall gerüstet
Für Bruno Mancini stellt sich die Frage, was bei einem Ausfall der Anlage passieren würde. «Dafür sind wir gerüstet», meint Lüthi. «Die Anlage verfügt über eine entsprechende Pumpentechnik. Würde eine ausfallen, setzt die andere die Arbeit fort. Zudem ist unser Pikettdienst innerhalb von drei Stunden vor Ort.»
Die Anlage kann von einer einzigen Person betreut werden. Bei der AMAG wurden dafür drei Personen geschult. Sie waren während der gesamten Montage dabei und kennen die technischen Abläufe sehr genau. «Würde etwas nicht nach Plan funktionieren, könnten wir mit Hilfe unseres Fachwissens sofort reagieren», sagt Hegi. Ein Ausfall hätte nämlich beträchtliche Konsequenzen, denn bei ungewaschenen Fahrzeugen kann keine Oberflächenkontrolle durchgeführt werden und demnach keine Auslieferung stattfinden.
Zukunftsträchtiges Prestigeobjekt
Wie sich das Projekt «Abwasserrecyclinganlage» im Endeffekt in Zahlen ausdrücken wird, kann aufgrund der kurzen Betriebsphase noch nicht gesagt werden. Auf alle Fälle ist sich aber die AMAG ihrer Verantwortung der Umwelt gegenüber bewusst und immer bestrebt, ihren bestmöglichen Beitrag zu leisten.
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