Wir trafen den Kundendienstberater der AMAG Breganzona in seinem natürlichen Habitat: im Autodromo Nazionale di Monza an der Monza-Rallye, wo er über mentale Stärke, Familienferien auf dem Circuit, sein teures Hobby und Primadonnas sprach.
Ivan, herzliche Gratulation zu deinem Sieg! Wie fühlt man sich als Schweizermeister im Rallye-Sport?
Ivan Ballinari: Ich feiere den Meistertitel, den wir, ich und mein Co-Pilot Paolo Pianca, Ende letzten Jahres im Wallis geholt haben. Wir sind seit 1975 die Ersten, die diese Auszeichnung wieder in die Schweiz holen. Es ist zudem das erste Mal, dass ich mit ŠKODA starte. Ich würde sagen, es ist gut gegangen! Das ist die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.
Du arbeitest bei der AMAG Breganzona im Kundendienst und fährst gleichzeitig für ŠKODA Rallye. Wie kam es dazu?
Ich arbeite seit 25 Jahren für die AMAG. Ich habe unter dem ehemaligen Geschäftsführer der AMAG Lugano meine Lehre als Mechaniker gemacht. Danach habe ich mich zum Werkstattleiter weiterentwickelt und bin heute Serviceleiter VW, Audi und SEAT. Zum Rallye-Fahren bin ich durch meinen Vater gekommen, der mir seine Passion weitergegeben hat. 2001 habe ich ihn bei einem Rennen als Co-Pilot begleitet. Da hat mich dieser Sport gepackt.
Und seitdem ist Rallye euer gemeinsames Hobby?
Es ist mehr als ein Hobby. Rallye-Fahren ist meine grosse Leidenschaft. Ich fuhr zunächst einen Peugeot 106 mit 120 PS. Danach kam ein Peugeot 206 Cup, 160 PS, und damit auch der Sieg beim 206 Cup. Dies war ein wichtiger Moment in meiner Karriere. Ab diesem Zeitpunkt habe ich immer mehr gewagt: zunächst mit dem Peugeot 306 Gruppe A, 250 PS, dem Renault Clio S 1600, 230 PS, dann mit dem Peugeot 207, 250 PS, dem Fiesta R5, 280 PS, und heute mit dem ŠKODA Fabia R5, 290 PS. Mein Vater und ich haben viele Opfer gebracht und mit viel Passion nach dem regulären Arbeitstag zuhause weitergearbeitet.
Kaufst du deine Fahrzeuge?
Mit dem Fiesta habe ich angefangen, Autos zu mieten. Die Kosten wären für mich zu hoch: Ingenieure, Kaufpreis etc. Der Kaufpreis für den ŠKODA Fabia R5 liegt bei 290’000 Franken. Die Miete ist mit 200’000 Franken pro Jahr rentabler.
Wie viel kostet dich ein durchschnittliches Jahr in diesem Sport?
Ich investiere jährlich 200’000 Franken in meine Passion. Mein Rennanzug allein kostet mehr als 1000 Franken. Die Rennkosten decke ich durch mein privates Einkommen und mit Sponsoren, die ich übrigens immer suche.
STECKBRIEF IVAN «BALLY» BALLINARI
Alter: 41 Jahre
Geburtstag: 20. Juli 1977
Wohnort: Vernate TI
Zivilstand: Verheiratet, 1 Sohn
Im Rennsport seit: 18. Lebensjahr
Lieblingsfahrzeug: ŠKODA Fabia R5, Audi RS4
Lieblingsrennstrecke: Chablais
Das nervt mich: Wenn ich privat Auto fahre und Verkehrsteilnehmer einander nicht respektieren
Ivans grösste Erfolge
2004: Sieger Peugeot 206 Cup
2008: Erster Schweizer Scratch-Sieger Rallye Internazionale del Ticino
2009: Erster Scratch-Sieger Rallye Pays du Gier
2012: Sieger der Schweizermeisterschaft Rallye International du Chablais
2018: Sieger Schweizer Rallyemeisterschaften
Wie kam es, dass du dich im Sport für ŠKODA und im Beruf für Audi entschieden hast?
ŠKODA war bis vor kurzem die einzige unserer Marken, die einen R5 im Angebot hatte. Ich bin damit sehr glücklich. Auch den neuen VW Polo R5 finde ich sehr interessant. Ich finde alle AMAG Modelle toll, auch wenn sie keine Rennfahrzeuge sind. Im Dezember 2018 besuchte ich in Spanien einen Präsentationskurs für den SEAT Tarraco. Ein tolles Modell.
Im Tessin bist du ein Star. Kunden wollen ausdrücklich von dir beraten werden.
Es ist schön, wenn Kunden mir sagen, dass sie ABT Artikel kaufen, weil sie meiner Einschätzung als Rennfahrer vertrauen. Sie haben Freude, wenn sie mit jemandem auf Augenhöhe über ihre Passion und PS sprechen können.
Welche Eigenschaften braucht man als Rallye-Fahrer?
Man muss mental stark und zielstrebig sein. Du musst schnell fahren, aber dennoch auf der Strasse bleiben – dies ist umso schwieriger, wenn die Witterungsbedingungen nicht optimal sind und du keinen Grip auf der Strasse hast. Zudem ist es wichtig, seine Emotionen in schwierigen Situationen unter Kontrolle zu haben.
«Sie haben Freude, wenn sie mit jemandem auf Augenhöhe über ihre Passion und PS sprechen können.» – Ivan Ballinari
Welches sind die grössten Herausforderungen und wie gehst du damit um?
Klar das Budget. Als Serviceleiter, mit Frau und Kindern, kann ich nicht mein ganzes Einkommen in mein Hobby investieren. Meine Freizeit und Ferien widme ich meiner Passion. Wir verbringen Familienferien immer auf einer Rallye-Strecke. Zudem gibt es den Risikofaktor, den das Fahren mit sich bringt. Es kann immer einen Unfall geben. Zum Beispiel ist ein Freund von mir tödlich verunglückt. Das war eine schwierige Zeit für mich. Ich versuche immer, das Positive zu sehen und mich nicht auf das Problem, sondern auf die Lösung zu konzentrieren. Es ist wichtig, dass man immer von sich selbst überzeugt ist.
Welche Eigenschaften schätzt du an einem Co-Piloten?
Man muss präzis, sorgfältig und geduldig sein. Häufig ist der Fahrer eine Primadonna – damit muss der Co-Pilot klarkommen. Der Co-Pilot kümmert sich um viele wichtige Sachen und betreut seinen Fahrer teilweise wie eine Mutter: Er hat die zu fahrende Strecke «kartografiert», kümmert sich darum, dass man rechtzeitig bei der Fahrzeugüberprüfung erscheint, dass das Fahrzeug, die Reifen, die Federung usw. den Witterungsverhältnissen entsprechend gewählt sind. So kann sich der Pilot hundertprozentig auf das bevorstehende Rennen konzentrieren.
Wer ist dein Vorbild?
Der neunfache Gewinner des WRC World Rally Championship Sebastian Loeb. Ich konnte sogar schon gegen ihn fahren. Toll.
Hast du einen Tipp für junge Rallye-Fahrer?
Nimm dir Zeit und gehe die Entwicklung zu stärkeren Motoren langsam an. Übernimm dich nicht. Ich bin mit meiner Einstellung ein typischer Schweizer. Mein Team von Lugano Racing hat jedoch auch viel Italianità. Wir sind eine eingeschworene Gruppe von Tessinern und Jurassiern.
Bei Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 205 km/h sind Fehler gefährlich. Wie stellst du sicher, dass die Kommunikation zwischen Pilot und Co-Pilot funktioniert?
Die Basis ist Vertrauen. Und das nicht nur während des Fahrens, sondern auch privat. Das ist wichtig.
Bist du privat Fahrer oder lieber auf dem Beifahrersitz?
Im Normalfall bin ich der Fahrer, aber ich bin auch gerne bereit, ab und zu die Rolle des Navigators zu übernehmen.
Du hast Benzin im Blut: Was hältst du von der Formel E?
Sie ist innovativ und die Beschleunigung ist toll. Die Formel E berührt mich emotional jedoch weniger vielleicht ändert sich das in Zukunft.
Viele Fussballer und Hockeyspieler gehen ihrem Hobby auch virtuell nach. Spielst du in deiner Freizeit Videospiele?
Ja. Da ich nicht so viel Zeit habe, kommt es nicht so oft vor. Ich spiele Rallye-Games, beispielsweise WRC, auf der Playstation. Natürlich wähle ich jeweils den ŠKODA Fabia R5, um möglichst nah an der Realität zu sein.
Bekommt man als Rennfahrer viele Bussen für erhöhte Geschwindigkeit?
Nein. Ich gebe nur auf der Rennstrecke richtig Gas.
Welche Rennstrecken fehlen dir heute, die du unbedingt einmal fahren möchtest?
Diejenigen der WRC-Weltmeisterschaft und die Tour de Corse.
Welche Projekte nimmst du im Jahr 2019 auf?
Jetzt feiern wir erst einmal den Schweizermeistertitel. Auf unser Sahnehäubchen passt noch eine zweite Kirsche. Ich hoffe, dass wir den Titel in diesem Jahr erneut holen.
ŠKODA Fabia R5: Mit diesem Boliden gewann Ivan Ballinari die Schweizermeisterschaft im Rallye-Fahren
Generation: 3
Länge: 3994 mm
Max. Breite: 1820 mm
Min. Gewicht: 1230 kg
Karosserie: angepasst (Sicherheitskäfig)
Antrieb: 4×4
Zylinder: 4 Turbo Direkteinspritzung
Hubraum: 1620 cm3
Leistung: 279 PS (205 kW) 4750 U/min (Umdrehungen/Minute)
Drehmoment: 420 Nm
Gänge: 5
Bremsscheiben: McPherson
Reifen: Pirelli
Emanuel Steinbeck
1 Antwort-
Buona fortuna al Critérium Jurassien il 12/13 aprile, caro Ivan! Go for it!
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Ivan
Grazie Emanuel “crepi il lupo”.. chi volesse passare per un saluto è il benvenuto..