Urs Lehmann, wieso wird das Reifendruckkontrollsystem (RDKS) neu zur Pflichtinstallation bei allen Neuwagen?
Die europäische Gesetzgebung zur Reifendrucküberwachung wurde in erster Linie erlassen, um den CO2-Ausstoss von Kraftfahrzeugen zu verringern. Dabei spielt der schleichende Luftdruckverlust die massgebende Rolle. Der Treibstoffverbrauch erhöht sich zum Beispiel um 4%, wenn in den Reifen 0,6 Bar zu wenig Druck herrscht und die Lebenserwartung des Reifens schrumpft um etwa die Hälfte. Aber auch sicherheitsrelevante Aspekte haben bei dem Gesetz eine Rolle gespielt. Besonders in Kurven können sich Reifen mit geringem Luftdruck negativ auf das Fahrverhalten auswirken, was gefährlich werden kann. Auf diese Gefahren weist ein eingebautes Reifendruckkontrollsystem nun frühzeitig hin. Trotzdem empfehlen wir eine regelmässige Luftdruckkontrolle an der Tankstelle.
Was bedeutet diese Gesetzgebung für die Halter eines älteren Fahrzeugs ohne Reifendruckkontrollsystem?
Nichts. Fahrzeuge die über kein Reifendruckkontrollsystem verfügen müssen nicht nachgerüstet werden. Das Gesetz betrifft nur Fahrzeuge, die nach dem 1.11.2014 in die Schweiz importiert werden.
Muss man beim Kauf eines Neuwagens speziell auf etwas achten?
Da kann ich nur für uns sprechen: Wenn man sich einen Neuwagen bei einer offiziellen Vertretung der Volkswagenkonzernmarken kauft, muss man nichts beachten. Diese Fahrzeuge erfüllen alle gesetzlichen Bestimmungen.
Was aber, wenn man sich im vergangenen Jahr einen Satz Winterräder gekauft hat und sich nun ein neues Fahrzeug kauft? Kann man dann diese Räder so nicht mehr brauchen?
Das kommt darauf an, ob am neuen Fahrzeug ein aktives oder ein passives Reifendruckkontrollsystem zum Einsatz kommt. Bei einem passiven System, welches übrigens bei 95% der Modelle der Marken Volkswagen, Audi, SEAT, ŠKODA und VW Nutzfahrzeuge verbaut wird, braucht man nichts zu unternehmen.
Bei einem aktiven Reifendruckkontrollsystem müssten die Räder beim jeweiligen Markenvertreter mit Sensoren nachgerüstet werden. Unsere Empfehlung lautet dabei klar: Bestehen Sie auf Originalersatzteile und kaufen Sie Felgen und Räder nur beim offiziellen Markenpartner. So fahren Sie sicher.
Was ist genau der Unterschied zwischen einem aktiven und einem passiven Reifendruckkontrollsystem?
Bei einem passiven Reifendruckkontrollsystem erfolgt die Messung indirekt über vorhandene ABS- oder Traktionskontroll-Sensoren. Diese schliessen aufgrund der Drehzahl der Reifen auf einen Druckverlust und informieren den Fahrer via ABS- oder ESP-Steuergerät. Eine konstante Anzeige der Druckluft entfällt hier allerdings.
Beim aktiven Reifendruckkontrollsystem erfasst ein spezieller Drucksensor den Luftdruck und die Lufttemperatur des Reifens. Diese Informationen werden in gewissen Intervallen über Funk an ein Steuergerät im Fahrzeug übertragen. Aktive Reifendruckkontrollsysteme können den Druckverlust an allen Reifen erkennen, da sie diesen direkt überwachen. Je nach Anzeigekonzept bekommt der Fahrer eine Information über den aktuellen Druckwert aufs Display geliefert.
Welche Vor- und Nachteile bergen die beiden Systeme sonst noch?
Die passiven Systeme nutzen wie gesagt die vorhandene Hardware-Umgebung. Darum erspart man sich die Kosten, die bei einem aktiven System fürs Aufrüsten älterer Räder mit Sensoren entstehen. Zudem muss bei einem aktiven System das Batteriemodul nach ca. sieben bis zehn Jahren ersetzt werden. Das aktive System liefert dafür etwas genauere Angaben zum Reifendruck wodurch man schneller reagieren und Luft nachfüllen kann.
Beide Systeme ermöglichen ein sparsameres Fahren und können die Reifen schonen, wodurch man von einer längeren Laufleistung profitiert.
Wie sieht es bei dem halbjährlichen Reifenwechsel aus? Entsteht hier mit einem aktiven System durch die Sensoren ein grösserer Aufwand im Service?
Das ist richtig. Grundsätzlich ist der Aufwand bei der Umrüstung von Reifen/Rädern mit einem aktiven System aufwendiger und darum entstehen regelmässig zusätzliche Kosten beim Radwechsel.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
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