Autos mit Verbrennungsmotor die umweltfreundlich sind. Geht das überhaupt? Dank synthetischen Treibstoffen, kurz Synfuels, ist ein klimafreundlicher Betrieb tatsächlich möglich. Wir zeigen dir die Geschichte von Synfuels, ihre Herstellung und was die AMAG zusammen mit der Empa bei ihrem Testversuch herausgefunden hat.
Synthetische Kraftstoffe, kurz Synfuels, sind eine vielversprechende Alternative zu fossilen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel. Sie werden aus erneuerbarem Strom oder Sonnenwärme, Wasser und CO2 hergestellt und können in bestehenden Fahrzeugen und Infrastrukturen verwendet werden. Synfuels haben das Potenzial, den Verkehrssektor klimaneutral zu machen, ohne dass dafür neue Fahrzeugflotten angeschafft werden müssen. Doch wie funktioniert die Herstellung von Synfuels, welche Herausforderungen gilt es zu meistern und was zeigen die Testresultate der AMAG und der Empa für Besitzer von klassischen Automobilen?
Die Geschichte von Synfuels – von der Erdölabhängigkeit bis zur Mobilitätswende
Die Geschichte von Synfuels ist eng mit der Geschichte der Energieversorgung und der Mobilität verknüpft. In den Anfängen der synthetischen Kraftstoffproduktion stand vor allem das Ziel, die Abhängigkeit von Erdölimporten zu reduzieren oder zu überwinden. Dies war insbesondere in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs ein wichtiger Faktor, da die alliierten Streitkräfte die Erdölversorgung blockierten. Nach dem Krieg wurde die Produktion von synthetischen Kraftstoffen jedoch weitgehend eingestellt, da Erdöl wieder verfügbar und günstig war.
In den letzten Jahren hat sich das Interesse an Synfuels vor allem aus klimapolitischen Gründen verstärkt. Die Erkenntnis, dass der Verkehrssektor einen erheblichen Beitrag zum Klimawandel leistet und dass fossile Treibstoffe endlich sind, hat zu einem Umdenken geführt. Synfuels werden als eine Möglichkeit gesehen, den Verkehrssektor zu dekarbonisieren, ohne dass dafür grosse Investitionen in neue Fahrzeuge oder Infrastrukturen nötig sind. Zudem bieten Synfuels die Möglichkeit, erneuerbaren Strom aus fluktuierenden Quellen wie Wind oder Sonne in eine speicherbare und transportable Form zu bringen. Dies kann helfen, die Integration von erneuerbaren Energien in das Energiesystem zu erleichtern und die nachhaltige Mobilitätswende voranzutreiben.
Die Idee hinter Synfuels – CO2 in einem geschlossenen Kreislauf halten
Die Zukunft des Autos in Europa und in der Schweiz wird elektrisch sein, der Verbrennungsmotor wird aber nicht von heute auf morgen verschwinden, sondern in der Schweiz und vor allem weltweit noch lange eine Rolle spielen. Über den Globus verteilt sind aktuell rund 1,3 Milliarden Autos unterwegs. 2040 werden gemäss Berechnungen der Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) allein in der Schweiz noch rund 2 Millionen Personenwagen mit Verbrennungsmotor unterwegs sein. Darunter viele Oldtimer und landwirtschaftliche Fahrzeuge. Gelingt es, diese verbleibenden Personenwagen mit Verbrennungsmotor mit synthetischen Treibstoffen zu betreiben, dann können die CO2-Emissionen in der Schweiz voraussichtlich um bis zu 10 Prozent gesenkt werden.
Der Vorteil von Synfuels ist, dass sie chemisch ähnlich oder identisch zu fossilen Treibstoffen sind und daher in bestehenden Motoren und Tankstellen eingesetzt werden können. Zudem haben sie oft bessere Eigenschaften als klassische Treibstoffe, wie zum Beispiel eine höhere Oktanzahl oder einen geringeren Schwefelgehalt. Synfuels sind zudem leicht transportier- und speicherbar, was die Flexibilisierung des Energiesystems ermöglicht.
Die Schwierigkeiten bei der Herstellung von Synfuels
Die Suche nach dem richtigen Verfahren, um Synfuels herzustellen, war ein langer Weg. So versuchten Forscher zuerst aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais, Weizen oder Palmöl, Kraftstoffe zu synthetisieren. Aufgrund der daraus folgenden Umweltproblemen und der ethischen Diskussion, dass Nahrungsrohstoffe verwendet würden, während Menschen an Hunger leiden, wurde davon mit der Zeit abgesehen. Deutlich umweltfreundlicher sind hingegen Treibstoffe, die Wasserstoff als Basis verwenden, da er praktisch unbegrenzt verfügbar ist.
Die Grundvoraussetzung für die klimaneutrale Produktion von Synfuels ist der Zugang zu regenerativer Energie, wie Sonnenwärme oder erneuerbarem Strom. Mit Hilfe dieser Energie wird per Elektrolyseverfahren Wasser in die beiden Bestandteile Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) gespalten. Der in diesem ersten Arbeitsschritt gewonnene Wasserstoff wird in einem zweiten Schritt an Kohlendioxid (CO2) gebunden. Dieser wurde zuvor zum Beispiel aus der Atmosphäre durch Direct Air Capture Verfahren gewonnen. Das Endprodukt der chemischen Synthese aus Wasserstoff und Kohlendioxid sind synthetische Kraftstoffe. Es gibt verschiedene Syntheseverfahren, zum Beispiel die Fischer-Tropsch-Synthese oder die Methanolsynthese. An der Empa wurde ein spezielles Verfahren zur Methanisierung entwickelt, das das entstehende Wasser absorbiert und so ein reines Methanprodukt erzeugt.
Sonnenwärme statt teurer Strom
Eine kostengünstige Herstellung von Synfuels ist jedoch kein simples Vorhaben. Lange Zeit lag das Hauptproblem darin, ausreichend erneuerbarer Strom zu wettbewerbsfähigen Kosten bereitzustellen. Das Schweizer ETH-Start-Up Synhelion hat hierfür aber eine praktische Lösung gefunden: statt teurem Strom einfach Sonnenwärme zu verwenden. Bei der sogenannten «Sun-to-Liquid» Technologie wird die Wärme der Sonneneinstrahlung durch gewaltige Spiegel gebündelt (über 1500 Grad Celsius). Diese Energie wird dann verwendet, um im Elektrolyseverfahren Wasser zu spalten. Durch diese Vorgehensweise entsteht praktisch keine Belastung für die Umwelt und eignet sich ausgezeichnet für die vielen sonnenreichen Gegenden der Welt. Die AMAG Gruppe hat sich schon 2021 durch seinen Klima- und Innovationsfonds an Synhelion beteiligt und ist überzeugt von dessen wegweisender Technologie. Zudem unterstützte die AMAG im Rahmen der ETH Mobilitätsinitiative ein Forschungsprojekt, welches die Rahmenbedingungen für kostengünstige Synfuels erforschte.
Synfuels in Oldtimern? Erfolgreicher Test der AMAG und der Empa
Für moderne Fahrzeuge sind Synfuels laut Herstellerangaben ohne Bedenken verwendbar, aber wie steht es um die Verträglichkeit in Oldtimern? Dieser Frage sind die AMAG und die Empa in einer einjährigen Testreihe nachgegangen. Das Ziel: wissenschaftlich fundierte Aussagen darüber machen zu können, wie sich Oldtimermotoren verhalten, wenn sie synthetischem Benzin ausgesetzt sind. Dabei wurden fossiler 98-Oktan-Treibstoff als Referenzbenzin und ein biosynthetisches 98-Oktan-Benzin, das aus erneuerbarem Methanol hergestellt wird, als Vergleichstreibstoff verwendet. Die Testfahrzeuge waren ein VW Golf I mit einem 1.5-Liter-4-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1978) und ein Chrysler Valiant mit einem 3.7-Liter-6-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1971).
Das erfreuliche Resultat der Studie: Oldtimer können ohne Bedenken mit synthetischen Treibstoffen betrieben werden. Mit beiden Testfahrzeugen wurden jeweils mehrere tausend Kilometer zurückgelegt, ohne dass sich Auffälligkeiten in der Leistung oder anderen Messwerten gezeigt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass auch mit älteren Fahrzeugen, die von Natur aus einen relativ hohen Kraftstoffverbrauch aufweisen, eine klimaneutrale Nutzung möglich ist.
- Problemloser Einsatz von Synfuels in Oldtimermotoren | AMAG Medienportal (media-corner.ch)
- Oldtimer fahren gut mit Synfuels (amag-classic.ch)
Ab wann gehören Synfuels zu unserem Alltag?
Bis ein flächendeckender Einsatz von synthetischen Treibstoffen möglich ist, wird es aber noch etwas dauern. Die Kosten für die Herstellung von Synfuels sind noch relativ hoch im Vergleich zu fossilen Treibstoffen. Durch technische Verbesserungen und Skaleneffekte können sie aber gesenkt werden. Zudem können politische Maßnahmen wie Steuern oder Subventionen den Markt für Synfuels attraktiver machen. Ein wichtiger Faktor ist auch die gesellschaftliche Akzeptanz von Synfuels. Die Verbraucher müssen über ihre Vorteile und Nachteile informiert werden und bereit sein, diese zu nutzen.