Die Fahrt zur Arbeit, in die Ferien oder den Wocheneinkauf: Viele sind mehrmals in der Woche mit dem Auto unterwegs. Haben wir erstmal eine Routine zum Fahren entwickelt, kümmern wir uns nicht weiter darum – es funktioniert einfach. Deshalb wird oftmals unterschätzt, dass wir eigentlich gar nicht fahrtauglich wären. Gründe, welche bewirken können, dass wir nicht mehr fit sind am Steuer, können grob in körperliche und externe Einflüsse unterteilt werden:
Körperliche Einflüsse
Müdigkeit
Ein Besuch bei Freunden kann bis lange am Abend dauern. Ist man danach wirklich noch fit genug zum Fahren? Müdigkeit hat eine ähnliche Wirkung wie Alkohol und das kann verheerende Folgen haben. Die Reaktionsfähigkeit ist verzögert, die Aufnahmefähigkeit vermindert und die Konzentration beschränkt.
Gebüsst werden kann Müdigkeit am Steuer nicht direkt, da es nur schwer nachweisbar ist. Jedoch kann die Polizei den Fahrer bei Verdacht auf Fahruntauglichkeit (Art. 91 Absatz 2 des SVG) stoppen und kontrollieren. Ein solcher Verdacht könnte beispielsweise aufkommen, wenn der Fahrer Schlangenlinien fährt oder abrupt das Lenkrad herumreisst, um wieder auf die Spur zu kommen. Mehr zu Müdigkeit am Steuer in der Broschüre des bfu.
Beim Berufsverkehr werden hingegen die Pausen mithilfe von sogenannten «Fahrtenschreibern» geregelt, damit es eben nicht zu übermüdeten Fahrern kommt. So können viele gefährliche Situationen vermieden werden. Zudem können diese Fahrtenschreiber später ausgelesen und analysiert werden.
Krankheit / Beeinträchtigungen
Müdigkeit muss nicht unbedingt von Schlafmangel kommen. Brütet man beispielsweise eine Grippe aus, beansprucht das Immunsystem einen Grossteil der körpereigenen Energie. Da bleibt für die Konzentration nicht mehr so viel übrig.
Bei körperlichen Beeinträchtigungen gibt es im Führerschein einen Code, der solche Einschränkungen kennzeichnet. Vielen bekannt ist beispielsweise der Code 01.01, der dafür steht, dass der Lenker eine Brille zum Fahren benötigt. Solche Codes gibt es auch für Hörprothesen (02), Prothesen an Gliedmassen (03), Einschränkungen auf Fahrten bei Tag bis vor Sonnenuntergang (05.01) oder das Fahren nur mit Beifahrer, der einen Führerausweis haben muss (05.05). Ebenfalls Codes gibt es für jene, die speziell umgebaute Autos mit z.B. angepasster Schaltung oder verbreiterte Bremspedale fahren.
Stellt ein Arzt bei einer Untersuchung eine Fahruntauglichkeit fest, dann ist er nicht verpflichtet, dies zu melden. Er ist jedoch diesbezüglich von der Schweigepflicht entbunden und kann es tun, sofern er möchte.
Allergien
Sobald der Frühling naht, kommt auch wieder die Zeit des Heuschnupfens. Dabei muss man sich bewusst sein, dass man beim Niesen auf einer Überland-Strecke rund 50 Meter im Blindflug absolviert. Zudem stellt die Suche nach einem Taschentuch und das Nasenputzen eine grosse Ablenkung dar. Beim Kauf von Antiallergika sollte man sich unbedingt über die Nebenwirkungen des Medikaments erkundigen. Mehr dazu weiter unten unter «Medikamente».
Alter
Mit höherem Alter nehmen die Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit ab. Wenn der Schulterblick nicht mehr so geschmeidig geht, und man sich vom oftmals regen Verkehr leicht überfordert fühlt, können dies Hinweise sein, dass man eine Schulung machen sollte. Anfangs des Jahres wurde die Alterskontrolle von 70 auf 75 Jahre erhöht, weil ältere Menschen immer fitter werden und die Kontrolle mehr als Schikane denn als Unterstützung der Verkehrssicherheit empfunden wurde. So findet nun ab 75 Jahren regelmässig eine Untersuchung speziell zur Klärung der Fahrtauglichkeit statt. Der zu untersuchende Arzt ist dann verpflichtet, die Resultate in dem dafür vorgesehenen Formular einzutragen. Das Resultat der Untersuchung muss vom Arzt, ob positiv oder negativ, gemeldet werden.
Man muss sich bewusst sein, dass sich in 50 Jahren Autofahren doch einiges verändern kann an Verkehrsaufkommen wie auch Verkehrsregeln. Das Wissen und Können werden in dieser Zeit in den seltensten Fällen aufgefrischt – auch wenn es oft notwendig wäre. Die Mobilität ist insbesondere im Alter ein wertvolles Gut, denn man bleibst selbstständig. Vielleicht erhöht sich deshalb die Gefahr, dass man zu lange daran festhält, obwohl man eigentlich die Fähigkeiten dazu nicht mehr mitbringt. Mehr Infos gibt’s hier.
Externe Faktoren
Medikamente
Wie bereits bei «Allergien» erwähnt, gibt es Medikamente, welche müde machen können und dadurch die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen können. Nicht selten wird dies unterschätzt: Neben den Antiallergika ist beispielsweise ein Neocitran, wie man es bei einer Grippe nimmt, ebenfalls ein Müdemacher. Via Sicura hat ein äusserst umfangreiches Verzeichnis von Medikamenten erstellt, wo jene Medikamente, welche einen Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit haben mit einem roten «Risk» gekennzeichnet sind.
Medikamentenmissbrauch, also wenn beispielsweise nicht verschrieben regelmässig Schlafmittel oder ähnliches eingenommen werden, wird dies gemäss Via Sicura dem Drogenmissbrauch gleichgesetzt und entsprechend sanktioniert.
Drogen / Alkohol
Bei Drogen wie auch Alkohol am Steuer gelten nicht unbegründet strenge Gesetze. Sie beeinträchtigen die Fähigkeit zu Fahren doch erheblich und werden dennoch zu oft unterschätzt. Beispielsweise bei einem gemütlichen Abendessen wenn man sich doch noch ein Gläschen zum Anstossen genehmigt
Auch wenn es schnell vergessen geht oder unterschätzt wird: Die Verantwortung, die jeder Fahrzeuglenker trägt, ist gross. Sich einzugestehen, dass das letzte Glas vielleicht zu viel war oder sich bewusst ist, dass man sich nach dem Neocitran mit Gliederschmerzen und schweren Augenliedern vielleicht besser zum Arzt fahren lassen sollte, statt sich selbst ans Steuer zu setzen, ist oft nicht einfach.
Wenn man als Jugendlicher die Autoprüfung macht, ist man während rund 4 Jahren regelmässig mit den neusten Regeln konfrontiert und wird immer wieder geprüft oder macht Kurse. Danach passiert bis zur 75-Jahre-Kontrolle oftmals nichts mehr. Auch hier sind eine regelmässige und ehrliche Selbstreflexion, Selbstkontrolle und insbesondere Eigenverantwortung unabkömmlich.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit RoadCross Schweiz.
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