Lieber Dr. AMAG
Wenn ich mit dem Auto losfahren will und mein Beifahrer noch nicht angeschnallt ist, geht die Gurtwarnung mit Blinken im Armaturenbereich und einem lauten Piepton los. Dies passiert jedoch auch, wenn meine Frau ihre (zugegebenermassen oft schwere) Handtasche auf dem Rücksitz deponiert. Wie funktioniert diese Warnung?
Lieber Fragesteller
Besten Dank für deine Frage. Das Tragen von Sicherheitsgurten im Auto ist in der Schweiz seit Juli 1981 obligatorisch. Das Prinzip des Drei-Punkte-Gurts blieb dasselbe, nur die Technik darum herum hat sich weiterentwickelt. So zum Beispiel bei den Gurtschlössern: Wird die sogenannte Schlosszunge, also der «Stecker» des Gurts ins Schloss gesteckt, drückt dies eine Feder herunter und sorgt dafür, dass zwei Sensoren aufeinandertreffen. So wird die Meldung ausgesendet, dass sich dort jemand angeschnallt hat.
Dass ein Auto erkennt, dass jemand auf einem Sitz Platz genommen hat, erledigen in den neueren Fahrzeugen sogenannte «Sitzbelegungssensoren». Oftmals sind das stoffdicke Materialien, die mit Drucksensoren ausgestattet sind und sich im Sitz befinden. Sie messen, ob der Sitz leer ist oder sich etwas auf ihm befindet, wie das Gewicht verteilt ist. Teilweise erkennen oder messen sie sogar das Gewicht. Und so kann natürlich auch eine Handtasche fälschlicherweise als Passagier erkannt werden. Die entsprechenden Informationen werden dann mit den Meldungen der Gurtschnallen abgeglichen und direkt an das Armaturenbrett resp. den Fahrer und den Airbag weitergeleitet. Bei manchen Marken, wie zum Beispiel Audi, ist es so, dass der Airbag nur auf der ersten Stufe auf etwa 60 Prozent gezündet wird, wenn der Gurt nicht erkannt wird.
Wenn das Auto mit einem Notrufmodul ausgestattet ist, sind diese Informationen auch dafür sehr relevant. Wird der Notruf über das Modul getätigt, werden unter anderem diese Daten über die Anzahl Insassen direkt der Notrufzentrale zur Verfügung gestellt.
Diese Sicherheitsvorkehrungen kommen nicht von ungefähr: Im Falle eines Aufpralls wird eine nicht angeschnallte Person viel schneller nach vorne geschleudert, als wenn sie von einem Gurt zurückgehalten würde. Das sind Bruchteile von Sekunden, die der Airbag brauchen würde, um sich zu öffnen. So kann es also sein, dass die nicht angeschnallte Person entweder in einen halbgeöffneten Airbag fällt, welcher dann so viel bewirkt wie ein hängendes Tuch. Oder aber die Abdeckung des Airbags wird mit den 300 Kilometern pro Stunde, mit denen er sich öffnet, ins Gesicht geschleudert und kann schwere Verletzungen und Verbrennungen verursachen.
Die Meldung, die du mit deinem Beispiel mit der Tasche deiner Frau erwähnt hast, ist nicht unwichtig. Auch wenn sich keine Person auf dem Sitz befindet, muss es ernst genommen werden. Denn lose herumliegende Gegenstände können bei einem Aufprall zu gefährlichen Wurfgeschossen werden. Auch eine scheinbar harmlose Handtasche.
Weiterhin gute Fahrt!
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