Die Neugier trieb den Gründer der AMAG an – sein Leben lang. Er war nie der typische Techniker, sondern eher der Generalist mit Weitblick. Die AMAG hat er aus dem Hintergrund heraus geführt. Dennoch war er über jedes Detail informiert. Und wenn ihn seine Angestellten auch nicht immer sahen, so haben sie ihn umso mehr gespürt. Einmal hat er allen knapp 5000 AMAG Mitarbeitenden – vom Tankwart bis zum Generaldirektor – einen 1000-Franken-Bonus überwiesen. Seine Begründung: «Weil die Geschäfte so gut laufen.» Doch nicht nur deswegen fühlen sie sich wohl unter ihm. Haefner hat immer alle gleich behandelt. Sein diplomatisches Geschick? Legendär. Seine Sichtweise? Immer auf die Zukunft gerichtet. Walter Haefner ist ein Unternehmer, vom Scheitel bis zur Sohle. Aufgeschlossen, sozial, blitzschnell analysierend und voller Ideen.
Frische Ideen sind gefragt, als er 1940 das Zepter bei der AMAG übernimmt. Denn der Weltkrieg tobt und es gilt, das eigene wirtschaftliche Überleben und jenes der Angestellten und Mitarbeiter zu sichern. Also ist Haefner selbst am Anfang der wichtigste Kunde der AMAG: Er nützt die Werkstätten zur Endmontage seiner Autark-Holzkohlegeneratoren. Der Vertrieb läuft über das Autohandelsunternehmen. Ausserdem hält er die AMAG mit der Instandstellung eingestellter Fahrzeuge über Wasser. In den Kellern im Hauptsitz am Utoquai sowie in zugemieteten Lagerräumen sind rund 120 Autos parkiert. Doch Haefner ist das selbst geschaffene Korsett bald zu eng. Also verabschiedet er sich – wenn auch nur für ein paar Jahre – wieder von der AMAG und macht sich selbstständig. Seine Autark AG wird am 8. September 1941 ins Handelsregister eingetragen.
Der Business-Pionier arbeitet damals an der Pelikanstrasse 6 in Zürich. Dorthin radelt der sportliche Patron jeden Morgen mit dem Velo. Haefner fokussiert auf den Vertrieb seiner Autark-Generatoren – auch ins Ausland. Nebst der Tschechoslowakei werden nach kurzer Zeit auch Ungarn, die Türkei und Portugal mit Holzkohlegeneratoren beliefert. Auf den abenteuerlichen Reisen dorthin weicht Haefner regelmässig Kugelhagel und Granatsplittern aus – denn Europa ist immer noch ein einziges Schlachtfeld. Aber sein Export boomt an allen Fronten: Traktoren reisen auf sein Geheiss in die Tschechoslowakei, künstliche Uhrensteine nach Argentinien und Kühlschränke nach Rumänien. Freundschaftlich und geschäftlich mit der ursprünglichen AMAG nach wie vor verbunden, schliesst Haefner einen Mietvertrag mit den Werkstätten ab. Doch kurz darauf geht er noch einen Schritt weiter und übernimmt das Unternehmen komplett. Die Neue AMAG Automobil-und Motoren AG wird 1945 geboren. Denn Stillstand gibt es bei Walter Haefner nicht. Er ist immer in Bewegung und probiert gerne Neues aus. So kommt es im gleichen Jahr auch zum Schulterschluss mit der damals in Bern beheimateten «US Export-Import Agency». Deren Schwerpunkt war die Belieferung der amerikanischen Truppen in Europa. Der Kontakt trägt schnell Früchte – bald verkauft Haefner Gasfeuerzeuge und Wakouwas an US-Soldaten. Wakouwas sind bewegliche Figuren, die man aus dem Kinderzimmer kennt. Ob Hund oder feingliedrige Giraffen, die Tiere sind jeweils auf einen Holzblock montiert und können durch Drücken eines Knopfes zum Tanzen gebracht werden. Es sind diese zwei Innovationen, die Haefner schlagartig in ganz Europa bekannt machen.
Beim Erklingen der Friedensglocken im Mai 1945 gilt er als gemachter Mann, der dank seinem Ansehen der Neuen AMAG zu ihrem ersten Nachkriegsgeschäft im Automobilsektor verhilft. Der Unternehmer erhält von den Amerikanern exklusiv das Recht, überflüssige Armeebestände der Alliierten in die Schweiz zu importieren. Darunter Jeeps, Command Cars und Weapon Carriers. Die Fahrzeuge sind auf riesigen Feldern nahe Paris parkiert. Verkauft werden sie quadratmeterweise. Kurz darauf steht ein Dodge Command Car auf dem Paradeplatz.